Hungerast in der Tropfsteinhöhle

Und es tropft und tropft und tropft… Den ganzen Tag lang saugt der Kondenstrockner Feuchtigkeit aus Estrich und Wänden. Und den ganzen Tag hört man es dann Tropfen für Tropfen in die Wanne plätschern. Obwohl einen ansonsten ein tropfender Wasserhahn in den Wahnsinn treiben kann, ist das Geräusch in diesem Falle doch sehr angenehm und beruhigend, weiß man doch, dass dadurch das Haus langsam, aber sicher trocknet. Und das heißt, dass bald gespachtelt werden kann. Und über die Fliesen kann man auch schon mal vorsichtig nachdenken.
Der Start des Tages war etwas chaotisch und ein wenig überstürzt. Zu einem Kaffee reichte es noch, das Schinkenbrot mit Spiegelei – mein bevorzugtes Sonntagsfrühstück – geriet dagegen irgendwie in Vergessenheit. Als mir mein Versäumnis im Auto einfiel, war es schon zu spät. Hungeeeeeer!

Als Tagesziel für heute war die Fertigstellung der Beplankung im kleinen Bad vorgesehen. Dort hatten Max und ich ja am Abend vor der Verlegung der Fußbodenheizung in letzter Sekunde die unteren Bereiche der Wände beplankt, damit es nach Einbringung des Estrichs nicht zu Schallbrücken kommen würde. Drei Wände von vieren waren also noch größtenteils offen und lediglich gedämmt.

Die sollten nun heute geschlossen werden. Zu diesem Behülfe hatten wir in unserem Materiallager im OG neben Leitern und anderen wichtigen Utensilien einige OSB- und GK-Platten gebunkert, die nun verbaut werden sollten. In meinem kindlichen Leichtsinn war ich der Meinung gewesen, fünf grüne Platten müssten reichen – ein Trugschluss, wie sich später herausstellte.

Aber von vorne: Beim Eintreffen begutachtete der Bauherr zuerst die grauenhaften Zerstörungen, die die Jungs unseres Energievesorgers mit ihrem Bosch-Hammer im Technikraum angerichtet hatten. Das Loch im Estrich ist wirklich ziemlich… nun ja… großzügig bemessen. Da wurde bis zur Bodenplatte alles weggebombt. Ein durchschnittlicher Sprengsatz wäre angesichts dieser Verwüstung wahrscheinlich vor Neid erblasst.

Währenddessen vergnügte ich mich mit lustigen Wasserspielchen im Kondenswasser-Bottich. Das Makro-Objektiv ist wirklich sein Geld wert. Hätte ich mehr Zeit gehabt, hätten Werke von unschätzbarem Wert entstehen können. Leider musste ich mich aber in den folgenden Stunden schöpferischen Tätigkeiten widmen, die mehr körperlichen Einsatz forderten. Ach ja – Hunger hatte ich immer noch. Und das nicht zu knapp. So ungefähr von der Qualität, die man kennt, wenn man sein Frühstück zu Hause vergessen hat und zu spät merkt, dass die Kantine geschlossen ist.

Das Zuschneiden von OSB und Gipskarton gestaltete sich provisorisch bis abenteurlich. Allerlei kreative Konstruktionen wurden ausprobiert, weil ich vergessen hatte, Harry zu fragen, ob er uns zwei Böcke leihen kann. Die ultimative Lösung ergab sich dann aus zwei Kartons und ein paar OSB-Verschnitten. Mal wieder ein Beleg für das alte Sprichwort „Not macht erfinderisch“.

So sägte ich mich also mit meinen Freunden Kreisi und Stichi lustig durch diverse Platten. Im EG-Bad fielen zudem ja auch wieder die altbekannten Balkenausschnitte an der Decke an und es mussten eine Reihe von Wasser- und Abwasserrohren ausgesägt und geschnitzt werden, was recht viel Zeit in Anspruch nahm. Der Hunger wurde stärker und stärker. Mittlerweile war er vom einem Kaliber, das man kennenlernt, wenn man morgens nüchtern zu einem Baseball-Doubleheader von Minimum zweimal sieben Innings fährt, um dann festzustellen, dass die Heimmannschaft kein Catering auf die Beine gestellt hat. Ziemlich heftig also.

Aber da gingen uns dann auch die grünen Gipskartons aus. Eine Platte hätten wir noch gebraucht. Da half alles Fluchen nichts. Das heutige Werk musste unvollendet abgebrochen werden. Verdammt! Es folgte eine Aufräum- und Kehreinheit, damit das Häuschen wieder im alten Glanz erstrahlt. Wir sind ja ordentliche Handwerker! Allerdings half das nicht gegen den drohenden Hungertod. Im Gegenteil. Ich konnte mittlerweile nachvollziehen, weshalb Ulle 1998 im Anstieg nach Les Deux Alpes zugrunde gegangen ist. Und wie sich das angefühlt haben muss. Da hätte ein einfaches Käsebrot auch nicht gelangt.

4 Kommentare

  1. Interessant, du kannst also nachfühlen, wie sich das Absetzen von EPO anfühlt???

    Hattest du denn gestern auch einen geschwollenen Kopf und ein aufgedunsenes Gesicht?

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