Albanien: Start in Tirana

Nachdem wir ja unseren „großen“ Urlaub diesmal bereits sehr früh im Jahr hatten, blieben für die Sommerferien nur zwei Wochen. Und irgendwann entschieden wir uns für Albanien als Reiseziel. Wir waren beide noch nicht da, mit dem Flugzeug kann man es in gut zwei Stunden erreichen, schönes Wetter schien garantiert und zu sehen sollte es auch genug geben. Der Gatte plante für uns eine Rundreise mit Leihwagen. Wir waren gespannt.

Und ohne jetzt gleich das Fazit vorwegnehmen zu wollen: Es erwies sich – zumindest für uns – als schwieriges Urlaubsland. Zu den Gründen kommen wir im Verlaufe der Urlaubsblogposts noch. Aber beginnen wir erstmal am Anfang. Freitags arbeitete ich noch, samstags ging es los. Diesmal ab Düsseldorf statt ab Frankfurt.

Wir starten in Tirana – oder wie der Albaner sagt: Tiranë

Wir flogen selbstverständlich Air Albania. Da kann man sich bereits beim Besteigen des Fliegers ins Land einfühlen und ein wenig Lokalkolorit atmen. Es gab sogar etwas zu essen: ein warmes Brötchen mit Käse, Tomaten und Paprika, das gar nicht mal so übel schmeckte, wenn man den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte. So weit, so gut. Wir landeten bei Sonnenuntergang. Das scheint gerade zur Gewohnheit zu werden.

Unsere ersten Schritte nach der Landung führten uns zum Stand eines Handyanbieters. Wir besorgten uns erstmal albanische SIM-Karten, die bar bezahlt werden mussten – Lekë befanden sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht in unserem Besitz, Euros wurden jedoch auch gerne genommen. Die Bargeldliebe in Albanien übertrifft tatsächlich sogar die deutsche, wie wir in den folgenden zwei Wochen feststellen durften.

Anschließend suchten wir unsere Autovermietung, die sich leider nicht direkt am Flughafen befand. Ein sehr netter, deutsch sprechender Taxifahrer klärte die Sache für uns und zeigte uns den Weg. Wir zogen mit unseren Rollkoffern los und übernahmen kurz darauf einen Škoda Citigo. Der war klein genug, um im Parkhaus des Hotels problemlos das Auto loswerden zu können, verschaffte uns aber keinerlei Respekt im Straßenverkehr. Und das meine ich nicht als Scherz. Wir waren praktisch fortbewegungsmäßig das letzte Glied in der Nahrungskette für die folgenden zwei Wochen. Aber auch dazu noch mehr.

Erstmal galt es – nach dem Abstellen des Autos und der Koffer im Hotel – etwas Essbares aufzutreiben. Für den Folgeabend hatten wir bereits vor ein paar Wochen einen Tisch reserviert. Für den ersten Abend entschieden wir uns relativ spontan für Essen im Era Ish-Blloku und einen anschließenden Absacker in der Radio Bar. Eine ausgezeichnete Idee. Beides lag nicht weit vom Hotel entfernt und beides machte uns glücklich.

Erste Begegnung mit der albanischen Küche

Das erste albanische Essen machte uns gleich zu Fans der albanischen Küche. Und das blieben wir auch. Wir haben in den beiden Wochen kein einziges Mal etwas gegessen, das uns nicht geschmeckt hat. Im Era Ish-Blloku entschieden wir uns für Humus me qiqra dhe kërche piteje të pjekur në tullë (Kichererbsen-Hummus und Flatbread) für zwei Personen. Dazu zwei Sorten Qofte (Fleischbällchen) – einmal mit Tomatensauce für den Herren, einmal mit Joghurt und Pistazien für die Dame. Das alles war unfassbar köstlich.

Nachdem allerdings mein Weißwein ungekühlt gewesen war, brauchte ich in der Radio Bar anschließend erstmal einen halben Liter Wasser mit Eiswürfeln, um meinen Köper wieder auf Betriebstemperatur zu bringen. Wir tranken jeweils ein großes, kaltes (!) Bier – das Risiko, noch einen warmen Weißwein kredenzt zu bekommen, war mir zu hoch – und beendeten den Abend mit Raki.

Am nächsten Morgen erwachten wir erfrischt und voller Tatendrang. Das Hotelbett war ausgezeichnet gewesen. Wir begaben uns zum Frühstück. An diesem Punkt kippte der Tag etwas. Das Frühstück war unterirdisch. Praktisch ungenießbar. Der Höhepunkt war allerdings unbestritten der Kaffee. Wir hielten ihn für Tee. Und er war kalt. Der Gatte bat um heißen Kaffee. Halbwegs heiß war es dann, was wir bekamen, aber Kaffee war es immer noch nicht. Wir gaben auf und marschierten los. An der nächsten Ecke gab es eine Mulliri-Filiale. Einen Doppio und einen Cappuccino später sah die Welt gleich viel besser aus. Geht doch! Wir fühlten uns ausreichend gewappnet, um uns auf „Onkel Enver“s Spuren zu begeben.

Das Hotel – übrigens das Sky2, falls mal wer Lust auf richtig miesen Kaffee hat… – liegt perfekt zentral. Zum Sheshi Skënderbej, dem Skanderbeg-Platz, ist es nicht allzu weit. Der war dann auch unser Ausgangspunkt. Wir liefen von da aus los und schauten uns die Stadt an. Zu Tirana selbst gibt es hier geteilte Meinungen. Ich mochte es, während der Gatte es nicht besonders toll fand. Für eine europäische Hauptstadt ist es sehr überschaubar. Es hat viele schattige Plätze mit Bänken (!), auf denen auch tatsächlich Menschen sitzen und z. B. Schach spielen. Es gibt unzählige Straßencafés mit riesigen italienischen Espressomaschinen, aus denen der Kaffee hervorragend schmeckt.

Sightseeing in Tirana

Außer ein paar sehr fotogenen Hochhäusern stört den freien Blick kaum etwas. Ich fand es übrigens auch sehr fotogen. Und man stößt permanent auf Spuren der albanischen Geschichte. Allgegenwärtig ist natürlich erstmal der Nationalheld Skanderbeg (für Interessierte hier ein Wiki-Link). Er begegnete uns permanent auf unserer Reise, und seien es nur die unzähligen Tankstellen, die den Namen des edlen Adelgeschlechts der Kastrioti tragen, dem er entstammte. Sein Porträt befindet sich auf Geldscheinen (5.000 Lekë), an allen zentralen Stellen des Landes in Stein gemeißelt und es hing gar in einer außerordentlich prachtvoll gestalteten Ausführung im Frühstücksraum unserer Unterkunft in Berat. Sein Ruhm hat offensichtlich die Jahrhunderte mühelos überdauert.

Nicht überdauert hat dagegen Enver Hoxhas einstiger „Ruhm“. Nach dem zweiten Weltkrieg rief er die Sozialistische Volksrepublik Albanien aus. Klang nach der Besetzung durch die italienischen und dann die deutschen Faschisten erstmal ganz gut, entwickelte sich dann aber nach und nach zum Albtraum – erst für die Bevölkerung, dann für fast sämtliche seiner Parteigenossen. Einen kurzen Überblick für Interessierte bietet das hier: Der irre Herr Enver aus Albanien.

Ganz interessant auch „dem Herrn Enver seine Frau“. Und es beweist mal wieder, dass hinter jedem wahnsinnigen Despoten eine starke Frau steht. Eine interessante Zusammenfassung dazu hier: Die Frau im Hintergrund.

Nach dem Ende der Sozialistischen Volksrepublik Albanien war offensichtlich das komplette Land damit beschäftigt, die roten Sterne an allen relevanten Stellen zu entfernen. Und auch hier nochmals ein Servicelink – man sieht: Ich nehme meinen Bildungsauftrag wirklich ernst! – zur „Bearbeitung“ des Mosaiks am Nationalhistorischen Museum in Tirana: ‚The Albanians‘ Mosaic.

Nachdem alle Sterne mehr oder weniger sorgsam entfernt worden waren, vermisste man sie aber dann offenbar doch. Das ehemals sozialistische Symbol wurde durch ein kapitalistisches ersetzt. Jeder Albaner, der es sich auch nur halbwegs leisten konnte, kaufte sich einen Mercedes – und schaute fortan andächtig auf den silbrig schimmernden Stern auf seinem Kühlergrill. Gründlich überkodiert, würde ich sagen.

Wir schauten uns Bunk’Art 2 an, das sich im ehemaligen Bunker des Innenministeriums befindet. Alles noch da inklusive rotem Telefon und Commodore. Dazu eindrückliche Geschichten und Ausstellungsstücke aus sehr, sehr dunklen Zeiten.

Anschließend liefen wir noch ein wenig in der Stadt herum. Unter anderem schauten wir uns über den Zaun auch noch Enver Hoxhas Villa an. Immerhin kamen wir näher heran als seine Zeitgenossen. Das komplette Viertel war für den gemeinen Bürger damals abgesperrt. Und nun verfällt sie. Wie so vieles…

Abendessen im Mullixhiu bei Bledar Kola

Abrupter Themenwechsel! Wir hatten für den Abend ja einen Tisch bestellt. Bei Bledar Kola, dessen Kochbuch „Die neue albanische Küche“ ich seit geraumer Zeit besitze. Er hat mal im Noma gekocht und war dann nach Albanien zurück gekehrt und hatte sein Restaurant Mullixhiu in Tirana eröffnet. Wir waren total gespannt. Wer mehr über ihn wissen will: Albania’s Resurging Cuisine.

Das Degustationsmenue ließ keine Wünsche offen. Selten hatte wir mehrere Gänge gegessen, von denen keiner gegenüber den anderen abfiel. Jeder war gleichermaßen spannend, überraschend, interessant. Und köstlich. Es war ein wunderbarer Abend und ein toller Start in den Urlaub. Mein Kochbuch hatte ich mitgebracht und ließ es mir nach dem Essen von der gesamten Küchencrew signieren. Nicht zu vergessen: Auch der Service war ein Traum!

Meine Fotos leider weniger. Ich war nur mit dem Handy bewaffnet und es wurde immer dunkler. Wir fielen an diesem Abend sehr glücklich in unser Hotelbett. Und der miese Kaffee am Morgen war auch keine Überraschung mehr. Bevor wir auscheckten, marschierten wir nochmal zum Mulliri und tranken echten Kaffee. Allerdings nur, um anschließend festzustellen, dass wir in der Tiefgarage des Hotels brutalstmöglich eingeparkt worden waren.

Am Ende fand der Parkplatzmann den Fahrer eines der anderen Autos, der daraufhin mal kurz seinen Parkplatz verließ, sodass wir nach etwas Rangiererei zu unserer nächsten Unterkunft durchstarten konnten. Es ging ans Meer.

Qofte të Fërguara – Fleischbällchen mit zweierlei Sauce & Pite në Tigan

Ich habe auch – trotz meines miserablen körperlichen Zustands bei der Rückkehr – etwas nachgekocht. Meine Wahl fiel auf die Fleischbällchen vom ersten Abend im Era Ish-Blloku. Und dazu beide Saucen. Plus ein Fladenbrot, das ich mit dem Rest des Fetas (als Ersatz für den Djathë i bardhë dele) aus der Fleischbällchenproduktion gefüllt hatte.

Qofte të Fërguara mit zweierlei Sauce & Pite në Tigan

Albanische Fleischbällchen & Pfannenbrot mit Fetafüllung
Kalorien:
Autor: MrsFlax

Zutaten

für die Qofte:

  • 500 g Rinderhackfleisch oder auch Lammhack oder eine Mischung aus Rind, Lamm und Schwein
  • 1 Ei
  • 2 Zehen Knoblauch gerieben
  • etwas frischen Thymian und Oregano fein gehackt – Minze ist auch sehr beliebt, wurde aber von mir vernächlässigt, da ich die schon in der Joghurtsauce hatte
  • 125 g Feta sehr fein zerbröselt
  • 200 ml Milch
  • Paniermehl zum Einweichen in der Milch, Menge die eine noch feuchte und geschmeidige Masse ergibt
  • Salz, Pfeffer

für die Tomatensauce:

  • 1 Zwiebel fein gehackt
  • 1 Zehe Knoblauch gerieben
  • etwas Öl zum Anschwitzen
  • 400 g stückige Tomaten aus der Dose
  • 250 g Ofentomaten aus eigener Produktion – können auch durch frische Tomaten ersetzt werden
  • Zimt, Oregano, Kreuzkümmel zum Abschmecken
  • Salz, Pfeffer zum Abschmecken
  • Chilisauce oder Chilipulver zum Abschmecken

für die Joghurtsauce:

  • 250 g griechischer Joghurt auf Raumtemperatur
  • 4 Blättchen Minze
  • etwas Knoblauchgranulat oder frischen, geriebenen Knoblauch nach Geschmack
  • Salz, Pfeffer
  • 1 EL gehackte Pistazien hier ersatzweise Pinienkerne

für das Pfannenbrot:

  • 200 g Weizenmehl Type 405
  • 2 TL Backpulver
  • 0,5 TL Salz
  • 150 ml Milch
  • 0,5 EL Olivenöl
  • 125 g Feta fein zerbröselt
  • neutrales Pflanzenöl zum Ausbacken

Anleitung

Erstmal zum Brot

  • Mehl, Backpulver und Salz in einer Rührschüssel vermischen. Milch und Olivenöl nach und nach unterkneten. Fünf Minuten kneten (lassen).
  • Der Teig sollte jetzt nicht mehr klebrig sein. Falls doch, etwas mehr Mehl einkneten. Ist er zu fest, mit Milch nachjustieren.
  • Teig zwanzig Minuten bei Zimmertemperatur gehen lassen.
  • Teig zu einer Rolle formen und in acht gleiche Stücke teilen. Jedes Stück flach ausrollen, etwas Feta in die Mitte geben und den Teig um die Füllung herum zu einer Kugel formen. Nochmals jeweils flach ausrollen.
  • In reichlich heißem Pflanzenöl bei mittlerer Hitze von beiden Seiten goldgelb und fluffig ausbacken.

Jetzt die Tomatensauce…

  • Zwiebelwürfel und Knoblauch glasig anschwitzen. Tomaten zugeben und bei geringer bis mittlerer Hitze einköcheln lassen.
  • Pürieren und durch ein Sieb passieren.
  • Mit den Kräutern und Gewürzen abschmecken. Warm halten.

… und die Joghurtsauce

  • Minze hacken und mit allen übrigen Zutaten verrühren. Beiseite stellen.

Herstellung der Qofte

  • Milch und Semmelbrösel vermischen und einweichen lassen. Falls die Masse zu fest ist, mit Milch weicher machen. Falls sie zu flüssig ist, etwas Semmelbrösel nachlegen.
  • Aus allen Zutaten eine Hackfleischmasse herstellen. Gründlich verkneten. Etwa eine halbe Stunde im Kühlschrank durchziehen lassen.
  • Fleischbällchen formen und in neutralem Öl in einer Pfanne ausbacken.

Endmontage

  • Pfannenbrote nach Belieben vierteln oder halbieren. Für die Tomatensauce habe ich noch ein paar Cocktailtomaten aus dem Garten in der Fleischbällchenpfanne angeschwitzt. Alles in Schüsseln geben und mit den Pistazien (Joghurtsauce) und Kräutern bestreut servieren.

Die erste Tomatenernte konnte während der Zubereitung eingefahren werden und landete auf der Tomatensauce. Alles in allem ein perfektes Sommergericht!

9 Kommentare

  1. Ein wundervoller Bericht und ein tolles Rezept. Es war eine Freude, deine Eindrücke über Tirana zu lesen.
    Zu dem Mercedes-Hype gibt es eine Geschichte: Mercedes ist das einzige Auto, bei dem problemlos Ersatzteile ausgetauscht werden konnten ohne dass man viel an der Elektronik herumspielen musste (zumindest damals). Deswegen tendiert der gemeine Albaner (und vermutlich auch die gemeine Albanerin) immer zu Mercedes. Dazu kommt, dass die Deutschen und ihre Autos überaus hochgelobt und vertrauensvoll sind. Mit einem Kleinwagen besiegt man die überaus schlechten Straßen in Albanien nicht und deswegen gilt: Je größer, desto besser.
    Viele Grüße und ich hoffe, es folgt eine Fortsetzung, Eva

      1. Ich bin sehr gespannt!
        P.S. Mein Gatte besteht noch auf Ergänzung: Im Kommunismus durften die wenigstens ein Auto haben, dementsprechend unausgebaut waren die Straßen. Dann war Onkel Enver tot, die Übergangsregierung scheiterte, der Kapitalismus hielt Einzug und nur die Marke Mercedes hielt den nicht geteerten Straßen stand, ohne ständig kaputt zu sein. Die Straßen sind zwar besser, aber bei weitem nicht so gut wie unsere – deswegen hält die Liebe bis heute an. So, jetzt habe ich aber auch wirklich alles zu der Marke Mercedes gesagt.

        1. danke für die hinweise an deinen gatten. ich werde nochmal darauf eingehen 😀
          und: sollten irgendwo pünktchen über dem „e“ zuviel oder zu wenig sein: her damit! ich habe diesmal sehr gekämpft 😀

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