Hänsel und Gretel – Part two

„Hänsel und Gretel
verirrten sich im Wald…“

Ich hab’s schon wieder getan. Beim Versuch, die bereits vor längerer Zeit erwähnte „Referenzrunde“ in Angriff zu nehmen, verfranste ich mich diesmal derartig, dass aus den 30 Minuten laut meinem Plan („… für die Sportlichen als ruhiger Dauerlauf, für die anderen als zügiges Gehen…“) am Ende selbstzerstörerische 75 Minuten wurden.

„… Es war so finster
Und auch so bitter kalt…“

Kurz vor neun brach ich auf und trabte gutgelaunt Richtung Wald. Die Sonne schien, die Vögel zwitscherten, ein Eichhörnchen kreuzte meinen Weg. Herrlich! Die Herrlichkeit wurde nur kurz unterbrochen, als ich einen Zwischensprint in mir als satisfaktionsfähig anmutender Geschwindigkeit einlegte, um eine mir entgegenkommende Nachbarin über meinen desolaten Allgemeinzustand hinwegzutäuschen. Hinter der nächsten Ecke hing ich dann keuchend an einem Baum. Nach kurzer Pause (ich hielt natürlich die Stoppuhr an!) ging es dann weiter.

Der Weg verläuft meist gerade oder leicht bergab, sodass es wirklich angenehm war. Ich lief schön langsam vor mich hin. An der Abzweigung, an der ich mich stets verlaufe, blieb ich auf dem Hauptweg. Der Bauherr hatte zwar etwas von „Geradeaus! Nicht links!!!“ gesagt, aber ich war sicher, dass ich richtig unterwegs war. Diese Sicherheit ließ allerdings mit zunehmender Streckenlänge nach.

„… Sie kamen an ein Häuschen
Aus Pfefferkuchen, fein.
Wer mag der Herr wohl
Von diesem Häuschen sein? …“

Irgendwann tauchte dann ein Kirchturm vor mir auf. Stoppuhr auf Stopp, Handy raus, Bauherrennummer gewählt: „Ähhh… Hier ist ein Kirchturm…“ – „Geradeaus!!! Ich sagte geradeaus!!!“ Nun denn, wieder falsch! Das war der Kirchturm des nahegelegenen – nennen wir es einmal – Strunz Maiestatis. Und eine Runde war jetzt nicht mehr drin. Außerdem weigerte sich der Bauherr, mich mit dem Auto abzuholen. „Dreh‘ um und lauf‘ zurück!“ lautete seine Anweisung.

„… Die Hexe musste braten,
Die Kinder geh’n nach Haus’…“

Der Einzige, der schließlich ‚braten‘ musste, war dann ich. So nett, wie der Weg auf dem Hinweg bergab ging, so fies ging er auf dem Rückweg bergauf. Logisch, oder? Und da ich ja meine 30 Minuten („… für die Sportlicheren als ruhiger Dauerlauf…“) bereits als übererfüllt abhaken konnte, war es auch nicht schlimm, dass ich fast den kompletten Rückweg stramm marschierend zurücklegte („… für die anderen…“). Ich reihte mich einfach resigniert und erschöpft unter „die Anderen“ ein und erreichte schließlich völlig ausgetrocknet und hechelnd nach insgesamt 75 Minuten die Haustür. Der Vormittag kann also mal wieder guten Gewissens unter „One more Nahtodeserfahrung“ abgelegt werden.

„… Nun ist das Märchen
Von Hans und Gretel aus.“

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