Nietzsche für Bundespräsidenten

„Überlege nur mit dir selber einmal, wie verschieden die Empfindungen, wie geteilt die Meinungen, selbst unter den nächsten Bekannten sind; wie selbst gleiche Meinungen in dem Kopf deiner Freunde eine ganz andere Stellung oder Stärke haben als in deinem; wie hundertfältig der Anlaß kommt zum Mißverstehen, zum feindseligen Auseinanderfliehen…“ – Friedrich Nietzsche, ‚Von den Freunden‘

Und von ‚feindseligem Auseinanderfliehen‘ kann wohl spätestens seit heute die Rede sein. Nachdem der Bundeskermit am 11.12.11 – also vor nicht einmal vier Wochen – noch lässig mit Bettinchen an der Hand unter der Überschrift „Expedition Romantik“ im Oman „das strahlende First Ehepaar“ geben durfte, ist es damit anscheinend jetzt endgültig vorbei.

Die BILD, die sich während der Präsidentenwahl ja ohnehin schon auf Gauck eingeschossen hatte, ist offensichtlich jetzt auch nicht mehr bereit, noch Kapital aus Bettinchen als „Stilikone“ oder „Bella Bettina“ (jeweils O-Ton BILD) schlagen zu wollen. Jetzt muss er weg, der Präsident!

„… Nach alledem wirst du dir sagen: wie unsicher ist der Boden, auf dem alle unsere Bündnisse und Freundschaften ruhen, wie nahe sind kalte Regengüsse oder böse Wetter, wie vereinsamt ist jeder Mensch! Sieht einer dies ein und noch dazu, daß alle Meinungen und deren Art und Stärke bei seinen Mitmenschen ebenso notwendig und unverantwortlich sind wie ihre Handlungen, gewinnt er das Auge für diese innere Notwendigkeit der Meinungen aus der unlösbaren Verflechtung von Charakter, Beschäftigung, Talent, Umgebung – so wird er vielleicht die Bitterkeit jener Schärfe der Empfindung los, mit der jener Weise rief: ‚Freunde, es gibt keine Freunde!‘ …“

Ja, so ist es wohl. Da hat sich wer verschätzt. Nachdem Wulff wohl tatsächlich dachte, Menschen wie Maschmeyer oder Dieckmann könnten Freunde sein, muss er sich nun eines Besseren belehren lassen. Und so wie Dieckmann wahrscheinlich am Wochenende feixend seinen Journalistenkumpels zum wiederholten Male die Nachricht auf seiner Mailbox vorspielte, woraufhin alle in schallendes Gelächter und allgemeines Schenkelklopfen ausbrachen und noch ein Bier bestellten, zeigt das Merkel sicher gerade Frau Schawan die SMS mit der Rücktrittsnachricht. Und dann kichern sie blöde. Echte Freunde halt.

„… Er wird sich vielmehr eingestehen: ja es gibt Freunde, aber der Irrtum, die Täuschung über dich führte sie dir zu; und Schweigen müssen sie gelernt haben, um dir Freund zu bleiben; denn fast immer beruhen solche menschliche Beziehungen darauf, daß irgend ein paar Dinge nie gesagt werden, ja daß an sie nie gerührt wird: kommen diese Steinchen aber ins Rollen, so folgt die Freundschaft hinterdrein und zerbricht. Gibt es Menschen, welche nicht tötlich zu verletzen sind, wenn sie erführen, was ihre vertrautesten Freunde im Grunde von ihnen wissen? …“

Vielleicht war es doch ein Fehler, diesen vermeintlichen ‚Freunden‘ – ob aus Wirtschaft, Politik oder Presse –  zu vertrauen? Und vielleicht sind sie doch nicht allmächtig? Und vielleicht hat man auch selbst ein wenig die Bodenhaftung verloren? *hierSchweißausbruch* Hoffentlich lässt mich jetzt wenigstens Bettinchen nicht im erschummelten Klinkerbau sitzen! Wir waren doch so glücklich!!!

Was ist denn eigentlich geschehen, dass dieser Bundespräsident plötzlich sprichwörtlich „von allen guten Geistern verlassen“ dasteht? Wie konnte das passieren? Und wer hat es sich ausgedacht?! Merkels „Lasst schwache Männer um mich sein!“ alleine kann es nicht gewesen sein. Also was ist es?

„… Indem wir uns selbst erkennen und unser Wesen selber als eine wandelnde Sphäre der Meinungen und Stimmungen ansehen, und somit ein wenig geringschätzen lernen, bringen wir uns wieder ins Gleichgewicht mit den übrigen. Es ist wahr, wir haben gute Gründe, jeden unserer Bekannten, und seien es die Größten, gering zu achten; aber ebenso gute, diese Empfindung gegen uns selber zu kehren…“

Man weiß wirklich nicht, was am Ende trauriger ist – Selbsttäuschung, Verrat oder Dummheit. Aber man kann wieder einmal feststellen, dass all das weder überraschend, noch neu ist. Und dass auch Bundespräsidenten außer Kontoauszügen ab und an mal ein Buch zur Hand nehmen sollten. Und jetzt schließe ich das hier mal lieber ab – bevor mein Blogpost am Ende wirklich noch von der Rücktrittsmeldung überholt wird.

„… Und so wollen wir es miteinander aushalten, da wir es ja mit uns aushalten; und vielleicht kommt jedem auch einmal die freudigere Stunde, wo er sagt

‚Freunde, es gibt keine Freunde!‘ so rief der sterbende Weise;

‚Feinde, es gibt keinen Feind!‘ – ruf ich, der lebende Tor.“

Schlussbemerkung: Bevor jetzt wieder Jemand mit Gauck o.ä. um die Ecke kommt: Es kann nur einen geben! Den wortgewaltigsten und integersten Bundespräsidenten seit Bestehen der Bundesrepublik; praktisch den einzigen Bundespräsidenten, der wirklich in der Lage ist, „die Würde des Amtes“ zu verkörpern – Lothar Dombrowski! Nur so als Anregung.

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