Schneeflöckchen, Weißröckchen…

Hier schneit es lustig vor sich hin. Blöderweise bringt das Schneeräumen zur Zeit noch keine Alternativsportpunkte, da man meist nach zehn Minuten fertig ist. Nun ja – es ist Januar. Da schneit es halt mal. Da nutzt auch das ganze Kolleginnen-Gejammer nix. Es ist Winter! Findet euch damit ab!

Eigentlich hätte übrigens das „Foto des Tages“ eins von meinem Schlüsselbund sein müssen. Den habe ich nämlich heute morgen völlig panisch gesucht. Und anschließend habe ich mir den ganzen Tag über den Kopf zerbrochen, wo ich ihn wohl hingelegt haben könnte. Egal. Er ist wieder da! Which means: Ich kann wieder ins Haus! Juhuuu!

Ich könnte jetzt auch noch eine Weile über die Fehlleistungen der letzten Tage jammern – unfrankierte Briefe eingeworfen, Kamera-Reparateur umgezogen, mit Max unverständliche Verabredungen getroffen -, aber ich bin gerade sehr begeistert mit der Lektüre eines Weihnachtsgeschenks befasst. „The well-kept kitchen“ von Gervase Markham ist wirklich fantastisch!

Überhaupt finde ich, dass „alte“ Kochbücher generell unterschätzt werden. Jeder kauft den Schnickschnack der TV-Köche, obwohl er nicht mal die Grundlagen beherrscht. Und die kann man wirklich perfekt aus Grundkochbüchern lernen. Mein „Bayerisches Kochbuch“, das als Schullektüre in meinem halben Jahr Hauswirtschaft diente, nehme ich heute noch häufig zur Hand, wenn es um die Herstellung von Teigen geht. Dass darin auch ausführlich beschrieben wird, wie man Tiere aus dem Streichelzoo ordnungsgemäß zerlegt, ist ein praktischer Nebeneffekt.

Dabei bieten die vier abgebildeten Kochbücher nebenbei einen extrem hohen Unterhaltungswert. Henriette Davidis „Praktisches Kochbuch“, das ich als Nachdruck im Regal habe, nachdem mir irgendwann eine echt alte Ausgabe in WG-Zeiten abhanden kam (sie diente gemeinsam mit einem „Großen Stowasser“ in altdeutscher Schrift und einem „Kommunistischen Manifest“, das ich noch zu DDR-Zeiten bei einer Klassenfahrt nach Rostock erworben hatte, bis zu meinem Auszug und darüber hinaus als Schrankstütze), bietet zum Beispiel neben allerlei wirklich Nützlichem Hilfestellung in vielen Situationen.

„Ganz besonders sei noch auf den Anhang ‚Die Kunst, gut und billig zu essen‘ hingewiesen. Es ist dazu bestimmt und auch sicher geeignet, der Hausfrau bei den jetzigen teuren Zeiten ein rechter Ratgeber und eine zuverlässige Stütze zu sein, wie sie den Mittagstisch auf möglichst billige Weise und dabei doch gut und kräftig beschickt.“ Und damals bezog sich „billig“ noch nicht auf halbnackte, minderbegabte Pseudo-Dschungelköniginnen.

Auch wirklich nützlich: „Die gute Köchin – Grundkochbuch“ von Burda aus dem Jahre 1981. Dieses Exemplar habe ich von der Bauherrenmutter geerbt. Und ich griff auch bereits mehrfach danach, wenn es um Basiswissen ging. „Wünschen Sie sich schon lange ein Kochbuch, in dem rundum alles steht, was eine gute Köchin wissen muss? Dann haben Sie an diesem Buch gewiss ihre Freude.“ Und so ist es auch. Gut… Wenn man von den „Anregungen rund um den gedeckten Tisch“ im Eighties Style mal absieht…

Deutlich brutaler und auch deutlich spießiger geht dabei – logischerweise – das Sanella-Kochbuch „Mit Freude kochen“ von Maria Holm zu. Das Buch fand vor noch nicht allzu langer Zeit den Weg in meinen Haushalt. Es stammt aus dem Fundus meiner Oma Greta und wurde mir kürzlich anvertraut. Wie gesagt: Das ist teilweise hart. Die 50er – meine Ausgabe stammt aus 1959 – waren aus emazipatorischer Sicht wirklich ein echter Tiefschlag. Zumindest für „die Frau“.

Meine Lieblingsstelle findet sich auf Seite 45: „Für den würzigen Pfefferpotthast sollten Sie eine Flasche eisgekühltes Bier für den Hausherren auf den Tisch stellen.“ Und das ist noch harmlos. Hier lohnt es sich wirklich, den ganzen Glanz der 50er-Jahre-Romantik kurz aufblitzen zu lassen:

„Es mag jedoch auch sein, dass eine schon lange verheiratete Ehefrau ihren Mann, scheinbar ganz ohne äußeren Anlass, zu einem kleinen Essen zu zweit einlädt. Vielleicht ist die Ehe nur ein wenig zu alltäglich und stelbstverständlich geworden. Die Kinder sind so sehr in den Mittelpunkt des Lebens gerückt, dass die Stunden zu zweien und die Gespräche miteinander immer seltener werden – das ist der richtige Augenblick, um den sicher leicht erstaunten Ehemann zu einem kleinen Fest einzuladen. Bitten Sie ihn, statt Blumen eine Flasche Wein mitzubringen. Wenn er die Einladung richtig verstanden hat, wird er den Blumenstrauß trotzdem nicht vergessen. Sicher haben Sie vorher schon mit dem Wirtschaftsgeld ein wenig auf einen festlichen Abend hin gespart, er soll sich ja von den anderen deutlich unterscheiden.“

Zu essen gibt es übrigens Schildkrötensuppe aus der Dose, Chicoréesalat und ein garniertes Huhn. „Sie hören Schritte, er kommt. Wie schön wird ihr kleines Fest zu zweit werden.“ Wie gesagt: brutal!

Erholsam dagegen: „The well-kept kitchen“ von Gervase Markham. Saisonale Rezepte, Schlachtanleitungen, Liköransätze – perfekt! Meine bisherige – ich bin noch nicht ganz durch – Lieblingsstelle findet sich gleich zu Anfang im Kapitel „The inward virtues of every housewife“: „A housewife must be religious. First then to speak of the inward virtues of her mind; she ought, above all things, to be of an upright und sincere religion, and in the same both zealous and constant; giving by her example an incitement and spur unto all her family to pursue the same steps, and to utter forth by the instruction of her life those virtuous fruits of good living, which shall be pleasing both to God and his creatures.“ 

Schöner kann man es nicht sagen! Und das ganz ohne Dosen-Schildkrötensuppe! Was lustigerweise alle diese Werke gemeinsam haben, ist die unmissverständliche Aufforderung zu beständigem Händewaschen. Das werde ich dann jetzt auch mal tun, bevor ich dem „Hausherren“ das Abendessen nebst einem eisgekühlten Bier kredenze. Mahlzeit!

2 Kommentare

  1. Wun-der-bar!
    Mein Liebling:
    Ich helf Dir kochen – ganz großartig!
    GU’s basic cooking enthält gute Anfänger-Basis-Erklärungen (tauglich für den Ehemann an meiner Seite, der auch mal fragt, wie man Gemüsesuppe kocht. Und damit meine ich die Anleitung für: heißes
    Wasser+Brühwürfel+TK-Suppengemüse…)
    Momentaner Liebling ist ein altes Dr.Oetker-Buch… Es ist November, Zeit, die Möhren im Keller in Sand einzugraben etc.

    Wir könnten uns mal mehrere Blogposts lang mit Zitaten bewerfen.
    Note to self: Bleistiferin wiederbeleben.

    Der Bauherr lässt sich von Dosensuppe jedenfalls wahrscheinlich nicht beeindrucken. Obwohl: ungewöhnlich und überraschend wäre es sicherlich auch, oder? 🙂

    1. blödes washingtoner artenschutzabkommen von 1988! das war es dann mit der schildkrötensuppe – mit und ohne dose… 😀

      was ich noch nie gemacht habe, was es „früher“ aber auch in dosen gab, ist ochsenschwanzsuppe. die war in meiner kindheit noch sehr verbreitet. irgendwie aus der mode gekommen. könnte man aber
      eigentlich ja mal mal selbst machen. gerne auch zu einem lauschigen candle-light-diner mit dem gatten.

      diese alten kochbücher sind wirklich ein perfekter spiegel des frauenbildes ihrer zeit – da ja meist für frauen geschrieben. wirklich ein faszinierendes thema. und so lustig 😀

      „Lichterglanz und Festesfreude sind vorüber, ein neues Jahr hat begonnen. Die Kinder polieren ihre schönen, weihnachtlichen (Anm.: ?!?) Schlittschuhe und warten auf den ersten Frost.
      Die Erwachsenen denken noch hin und wieder an die guten Vorsätze, mit denen das neue Jahr begrüßt wurde.“ – „Mit Freude kochen“ 😀

Schreibe eine Antwort zu MrsFlaxAntwort abbrechen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.