Echte Frünnde stonn zesamme

Wer erinnert sich nicht gern an die „Freunde der italienischen Oper“ aus Billy Wilders genialem Werk „Some like it hot“?
Unsterbliche Dialoge fallen einem ein:

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Spats Columbo
: „Hello, copper. What brings you to Miami?“
Mulligan: „Heard you ‚opera lovers‘ were having a convention, so I thought I’d better be around in case anybody decided to sing.“
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Umso erfreulicher, dass es im Radsport nun anscheinend einen direkten Nachfolger gibt: die „Freunde des Radsports“.
Vorrangiges Ziel scheint mir die Abwahl Rudolf Scharpings zu sein. Nicht, dass das nicht aller Ehren wert und längst überfällig wäre. Man fragt sich jedoch, inwieweit man Herrn Berkmann und seiner Gefolgschaft trauen kann. Vom Regen bis in die Traufe? Von Paris bis Nizza? Oder doch eine ganze Rundfahrt lang?

Seine Ziele, die er in eben verlinktem rsn-Interview formuliert, klingen jedenfalls für den geübten Radsport-Interview-Deuter-und-gekonnt-zwischen-den-Zeilen-Leser („Nein, manchmal bedarf es keiner Urinprobe und keines Massenspektrometers, um zu wissen, ob diese Kerle bescheißen. Man muss nur sehr genau zuhören, was sie über Doping zu sagen haben.“ – Paul Kimmage in „Tour de Farce“) etwas seltsam.
Beispielsweise antwortet er auf die Frage nach seinen eigenen sportlichen Erfolgen (Olympiavierter 1976 im Radsprint & Vizeweltmeister im Bahnsprint der Profis 1978 und 1979) und Erfahrungen mit Doping: „Ich kann dazu nur sagen, dass ich den Radsport damals noch mehr als Hobby betrieben und auch recht früh mit 29 Jahren aus beruflichen Gründen meine Karriere beendet habe. Und flächendeckendes Doping wie heute gab es damals noch nicht. Wir sind damals nicht mit Medikamenten groß geworden, wie es heutzutage der Fall ist.“


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Joe: „We won’t breathe a word!“
Spats Columbo: „You won’t breathe nothin‘ – not even air.“

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Bloß nie etwas sagen! Am besten das ganze Thema meiden. „Gab’s damals nicht…“, „Weiß ich nicht…“, „Mag ja sein, aber hat mich nie betroffen…“
Nicht, dass wir uns falsch verstehen. Ich möchte hier wirklich niemandem den Gebrauch leistungssteigernder Substanzen unterstellen. Ich frage mich nur, wie der am Boden liegende, völlig verseuchte und todkranke Radsport sich je wieder berappeln soll, wenn das eigentliche Problem immer weiter konsequent ignoriert wird. Und wie es angehen kann, dass jetzt ausgerechnet die um sein Lager stehen und Erste Hilfe leisten wollen, die ihn überhaupt erst ins Krankenbett gebracht haben.

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Joe: We didn’t see anything!
Jerry: We didn’t hear anything either!

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Protagonisten aus der Vergangenheit wie der ebenfalls unter den „Freunden“ gelistete Rudi Altig, der aus dem Jahr 1962 wie folgt zitiert wird: „Wir sind Profis, wir sind keine Sportler.“

Gut. Damals konnte man sowas ja noch sagen. Damals konnte man auch noch mit Kindern im Auto bei geschlossenen Scheiben zwei Päckchen Zigaretten rauchen, ohne Angst, beim Aussteigen von wütenden Aktivisten angegriffen zu werden. Und damals fuhr man auch gerne noch mit mehr als 0,5 Promille Auto. Damals. Heute nicht mehr. Besser so – oder etwa nicht?!

Auch an Bord bei den „Freunden des Radsports“: Didi Thurau. In den 80ern insgesamt viermal auf Amphetamine und einmal auf Nandrolon positiv getestet und immer wieder gern wie folgt zitiert: „Wir haben alle was genommen. Aber ich kann von mir sagen, dass ich es zum Glück immer unter Kontrolle hatte“. Wie gesagt: andere Zeiten. Da nahm man auch den Tierschutz gerne mal etwas lockerer.

Kommen zwei weitere einschlägig bekannte Namen auf der Liste hinzu: Gerhard Strittmatter & Olaf Ludwig. Weiterhin Dirk Baldinger (Zimmerkollege von Jaksche bei Polti -> spiegel.de-Link: „Am Abend besuchte er mich auf dem Hotelzimmer, das ich mit Dirk Baldinger teilte. Stanga nahm mir Blut ab und maß meinen Hämatokritwert, um herauszufinden, ob ich Epo genommen hatte. Ich hatte einen 41er Wert, relativ niedrig. Ich schaute Baldinger an: Was macht der da? Was bedeutet das? Ist das gut oder schlecht?„) und Jochen Dornbusch (auch hier ein Link -> rsn: „Frage: ‚Die Doping-Diskussion tangiert den Frauenbereich bisher nicht?‘  Jochen Dornbusch: ‚Nein, das ist toi, toi, toi nicht geschehen. Ich lege auch für alle meine Mädels die Hand ins Feuer, dass sie clean sind. Das hat ethische wie finanzielle Gründe. Die Sportlerinnen können sich nicht vorstellen, zu betrügen.'“)


Da sitzen nun also u.a. alle diese bekannten Menschen an einem Tisch (o.k. – einem virtuellen Tisch…) und wollen sich für die Zukunft des Radsports engagieren. Weil sie seine Freunde sind. Da sollte man sich doch eigentlich freuen. Der potentielle neue Präsident formuliert das so: „Die negative Entwicklung der letzten Jahre im Radsport und die unklare Linie des BDR beunruhigen mich in zunehmendem Maße. Im Umgang mit der Dopingproblematik etwa wurde sehr viel verkehrt gemacht, da gab es keine klare Linie.“


Wenn ich so richtig darüber nachdenke, bin ich mir nicht sicher, ob ich genaueres über die geplante „klare Linie des BDR im Umgang mit der Dopingproblematik“ erfahren will.

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Little Bonaparte: „Thank you, fellow opera-lovers. It’s been ten years since I elected myself president of dis organization – an‘ if I say so myself, you made duh right choice. Let’s look at duh record: In duh lass fissel year we made a hundred an‘ twelve million dollars before taxes – only we ain’t paying no taxes!“

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