Nepper, Schlepper, Bauernfänger

So einfach hat das einst „Vorsicht Falle!“ auf den Punkt gebracht. Da wurde vor Kleinkriminellen gewarnt, die alte Omas austricksten. Inzwischen sind die „Kleinkriminellen“ gesellschaftsfähig geworden und busseln alles, was in Politik, Wissenschaft und Society Rang und Namen hat.

Mit der Kohle der abgerippten Omas in der Tasche lässt es sich offensichtlich äußerst entspannt leben. Für alle, die (wie ich) gestern den NDR-Panorama-Beitrag „Der Drückerkönig und die Politik“ über die lustigen Methoden des AWD und seines kongenialen „Erfinders“ Carsten Maschmeyer verpasst haben: hier der entsprechende Link zur Mediathek. Äußerst sehenswert. Weiterhin: lesenswert auch die Kommentare zum Beitrag auf dem Panorama-Blog.

Nachdem ich mir das Benehmen der Beteiligten, das von verächtlich über hilflos bis hin zu peinlich variiert, angesehen habe, brauchte ich erstmal eine halbe Stunde und ein Glas Rotwein, um meinen Blutdruck wieder in akzeptable und halbwegs gesunde Bereiche zu navigieren. Es ist wirklich unfassbar, wieviel Macht der Bussi-bussi-Gesellschaft vom „Volk“ gegeben wurde, und mit welch geradezu widerlicher Nonchalance auf Nachfragen zu den Hintergründen reagiert wird (von „Keine Antwort ist auch eine Antwort“ bis hin zur Verunglimpfung der Nachfragenden durch Herrn Rürup als ‚geisteskrank‘).

Neu ist dabei natürlich nicht das Wissen um die Sachverhalte als solche. Neu ist die Dreistigkeit und Frechheit, mit der „uns“ diese Sachverhalte präsentiert werden. Da lässt sich der Herr Maschmeyer von Gottschalk bei einer ZDF-Spendengala (was ist das eigentlich für ein fieses Wort?) unter anerkennendem Nicken unseres herrlichen Außenministers für die Großzügigkeit feiern, mit der er das – gutgläubigen Anlegern aus der Tasche gezogene – Geld zur Steigerung des eigenen Images wohltätigen Zwecken spendet! Und die Öffentlichkeit klatscht hirnlos und begeistert Beifall!

Einen – vorläufigen – Höhepunkt erreicht der Beitrag für mich nach zweimaliger Einspielung eines Maschmeyer-Zitats über duftende Rosen, die mit stinkender Jauche gedüngt werden müssen, damit sie im kommenden Jahr besonders gut duften. Das duftet nicht, Herr Maschmeyer! Das stinkt zum Himmel! Da möchte man die stinkende Jauche ganz gerne über eine der Charity-Parties ausgießen, auf denen sich die Gewinnler und Unterstützer der Abzocke gegenseitig auf die Schulter klopfen. Bravo, Jungs!

(Randbemerkung: Wieso taucht eigentlich an der Seite prinzipiell korruptionsverdächtiger Promis aus Politik und Wirtschaft immer Klaus Meine auf? Er scheint fast so etwas wie ein Lackmus-Teststreifen zu sein. Lustig, wenn es nicht so erschreckend wäre…)

Ehrlich gesagt bin ich trotz der Verschnaufpause und des Rotweins immer noch genauso empört wie vor einer Stunde. Wie kriegt man das wieder weg? Gar nicht, oder? Oder vielleicht nur mit Hilfe „externer Kompetenz“. Netter Ausdruck, den meine Landsmännin Frau Schröder da in ihrer ganzen Hilflosigkeit ins Spiel bringt. Das funktioniert in allen Ministerien so?! Gut zu wissen! Das sollte dann auch die letzten Zweifler klar sehen lassen. Und die letzten Skrupel beseitigen.

Was nämlich dabei völlig offenbar wird, sind die Gründe für den (absolut verdienten!) Untergang der SPD und die einzige verbliebene Funktion der Gewerkschaften, nämlich ihren Funktionären den Weg in lukrative Wirtschaftspositionen zu ebnen. Und genau dessen sollte man sich endlich klar werden. Und sich dann aufregen. So richtig aufregen. Ansonsten haben wir wirklich die Politik, die wir verdienen. Und das kann und will ich noch nicht so recht glauben. Denn wenn ich über meine Schulter schaue, steht da noch nicht Klaus Meine. Und so lange ich da nicht Klaus Meine sehe, gebe ich die Hoffnung auch nicht auf.

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