Terrorgefahr im rheinhessischen Hügelland

Eine meiner Kolleginnen, die immer wieder durch vehemente Verbreitung ihrer teilweise völlig abstrusen Ansichten für mich ein echter Born der Freude ist, machte sich heute morgen lauthals Gedanken über die „Terrorgefahr“. Unnötig zu erwähnen, dass sie selbst in ihrer Engstirnigkeit die rhoihessische Antwort auf Al-Quaida zu sein scheint, und – zumindest für mich – eine wesentlich konkretere „Terrorgefahr“ darstellt als Osama bin Laden, so er denn überhaupt noch unter den Lebenden weilt.

Jedenfalls ließ uns diese Kollegin – nennen wir sie einmal Roswitha aus Kotzdorf – heute morgen an ihrer intimen Kenntnis der Terroristenpsyche teilhaben. O-Ton: „Mmmmhhhh… Des wört ja immer schlimmäää mit dem Terror. Ma krischt ja rischtisch Angst.“ Kurze, als Nachdenken getarnte Sprechpause… „Ich hoff ja net, dess des hier bei uns losgeht. Die machen ja meistens was in größere Städte… Berlin. Frankfurt. Oder Köln…“ Erneutes Schweigen, damit die gebannten Zuhörer ihren Heiliger-Sankt-Florian-verschon‘-mein-Haus-zünd‘-and’re-an-Sermon auf sich wirken lassen können. „Ooobwooohhhl… Meistens schlaren die ja da zu, wo ma net damit rechent… Net am Fluchhafe, sondern in Kotzdorf zum Beispiel… Ma krischt echt rischtisch Angst.“

Jau. Stimmt. Da kriegt man richtige Angst. Allerdings mehr vor ihrem Innenleben als vor islamischen Fundamentalisten. Ich zumindest. Meine Lieblingskollegin sah mich an und meinte: „Das wird er sich wohl dreimal überlegen, der Osama, ob er sich mit Roswitha anlegen will. Das hat selbst er nicht verdient.“ Was blieb mir, als zu antworten: „Ich finde, die beiden haben sich schon irgendwie gegenseitig verdient: Bin Laden und Roswitha.“ Hysterisches Kichern.

Die erwähnte Kollegin hat uns schon desöfteren lustige Stunden beschert. Beispielsweise erzählte sie eines Tages die Lebensgeschichte einer uralten Nachbarskatze – voll interessant! – und endete überraschenderweise nach einer langatmigen Erzählung im Stil eines Disney-Tierfilms, indem ein treuer Hund über 2.000 Kilometer zu seinem Herrchen zurückfindet, nachdem er auf diesem Weg mit einem Rudel Leoparden gekämpft, von einer Dampflokomotive überfahren und von einer niedlichen Fünfjährigen wieder aufgepäppelt worden ist, schlagartig mit den Worten: „Unn dann isse erschossen worden. Aus Versehen.“ Aus Versehen?! Erschossen?! Unglaublich!

Die Begegnung mit einer Spinne in ihrem Bad klang so: „Da sitzt die do unnerm Becke und guckt mich ganz frech ohhh. Da habbich gesaaaht: ‚Jetzt gibt’s Saures!'“ Ja… Nun… So kann man das auch sehen… Als ihr Mann mit einem Herzinfarkt im Krankenhaus lag, meinte sie ehrlich entsetzt: „Ich hab gedacht, jetzt geht er mir aus!“ Bis zu diesem Augenblick war ich eigentlich immer der Meinung gewesen, Menschen können nicht „ausgehen“ – nur Kerzen. Aber gut. Sie wird es besser wissen.

Sie weiß es ohnehin besser. Gestern New York, morgen Kotzdorf. So isses halt im Leben. Überflüssig, zu gestehen, dass mich die Angst vor einem Terroranschlag auf unsere Papiertonne davon abgehalten hat, den Ergometer aufzubauen.

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