„Zu mir hat sich ein Wort gestohlen, …

… und ein Flüstern davon empfing mein Ohr.“ – (Hiob 4, 12)

Ja, ein Flüstern, a whisper, sozusagen. Es zog den Bauherren ins Wispertal. Der ultimative Härtetest für den Urlaub stand mir bevor: der WispertalSteig. Da meine Form sich in den vergangenen Wochen aufgrund einer fatalen Verschiebung der Prioritäten von Outdoorbewegung zu Nussgewäsch eher verschlechtert als verbessert hatte, wollten wir uns heute ein Bild vom tatsächlichen Zustand machen. Einen Blick ins Auge der Kobra wagen.

„Der Schrecken kam über mich und Zittern, Beben erschütterte meine Glieder.“ – (Hiob 4, 14)

Wir standen schließlich am sogenannten „Zuweg“, der uns auf den eigentlichen WispertalSteig bringen sollte, und konnten uns zwischen rechts und links entscheiden. Das ist ja das wirklich Gute an Rundwegen. Man kann die Richtung wählen. Wir wählten rechts, da sich links eine Art Triumphbogen befand, durch den ich dann doch lieber am Ende der Strapazen ziehen wollte.

„Ja, Gutes erhoffte ich; gekommen ist Böses; ich harrte auf Licht, doch Finsternis kam.“ – (Hiob 30, 26)

Es ging bergauf. Und das sehr lange. Wobei „sehr lange“ die wirkliche Länge nur schwach beschreibt. Das nur am Rande. Wir wanderten so vor uns hin, vorbei an Omasruh und immer schön durch den Wald. Grün war es. Sehr grün. Und wir bekamen Durst. So richtig brutalen Durst, der mich zwischenzeitlich daran denken ließ, mich an einem der zahlreichen Fingerhüte am Wegesrand zu vergehen, um dem Elend ein Ende zu machen.

„Mein Innerstes siedet und kommt nicht zur Ruhe, des Elends Tage haben mich ereilt.“ – (Hiob 30, 27)

Just in diesem Augenblick fiel unser Blick auf ein Environment-Kunstwerk, das offensichtlich mitten im Wald platziert worden war, um uns das wirklich Wichtige im Leben vor Augen zu führen: ein Kühlschrank. Wir legten ihn in der Schublade „Fata Morgana“ ab und marschierten tapfer weiter. Ein Kühlschrank würde uns nicht zum Narren halten! Nicht ein Kühlschrank! Außerdem lag der Stecker auf dem Deckel…

Wir trafen schließlich in Espenschied ein, fanden eine nett aussehende Biergartenkneipe und ließen uns nieder. Perfiderweise hatten wir gerade bestellt, als das Rahmenprogramm startete. Wir konnten also nicht einfach wegrennen, als der Männergesangverein – oder was immer das war – seine allsonntägliche Probe begann. Zwei Erdbeersekt (ich!), zwei Bier (Bauherr!) und ein großes Wasser (wir beide!) später war das Ganze dann so schlimm jetzt auch irgendwie nicht mehr.

„Den Schakalen ward ich zum Bruder, den Straußenhennen zum Freund.“ – (Hiob 30, 29)

Wir lauschten beseelt – weil nicht mehr durstig – einem Lied nach dem anderen und machten uns irgendwann wieder auf den Weg. Schließlich war heute der Weg das Ziel. Und nicht Volkslieder. Im übrigen beherrschte ich fast alle Texte (erschreckend!), obwohl mich ja nie jemand singen hören wollte (noch erschreckender!!).

„So wurde zur Trauer mein Saitenspiel, meiner Flöte Ton zum Wimmern von Weinenden.“ – (Hiob 30, 31)

Kurz und gut: Schlimmer konnte es nicht mehr werden, da die Mehrheit der Bergauf-Höhenmeter und die Horrorgesänge ja nun hinter uns lagen. Wir machten uns also frohgemut auf den Rest des Weges. Auf diesem überholten wir dann erstaunlicherweise noch zwei Wandergruppen. Der Bauherr war zufrieden mit meiner Leistung. Ich fühlte mich allerdings immer noch dem Tode nahe, sollte nicht in absehbarer Zeit mein „Triumphbogen“ auftauchen. Hinter jeder Kurve und Wegbiegung vermutete ich ihn. Und irgendwann tauchte er auf! Das sah aus, wie ich es mir die ganze Zeit über vorgestellt hatte: Tadaaaaaah!

Unglaublich. Wir erwarben in des Bauherren Stammforellenladen noch zwei herrliche geräucherte Exemplare und machten uns auf den Heimweg.

„Hiob lebte danach noch 140 Jahre und sah seine Kinder und Enkel, vier Geschlechter. Dann starb Hiob hochbetagt und satt an Lebenstagen.“ – (Hiob 42, 16 – 17)

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