Ein Garten, zwei Levadas und eine Hochebene

Am nächsten Tag war der zweite botanische Garten geplant, der „Jardim Botânico da Madeira“. Diesmal nahmen wir gleich den Bus. Der Fahrer war wieder ähnlich tiefenentspannt wie der am Vortag. Und das in Situationen, in denen ich mich einfach nur weinend an den Straßenrand gesetzt oder wahlweise durch das geöffnete Seitenfenster übergeben hätte. Dafür muss man geboren sein. Das kann man nicht lernen.

Zum Thema Busse auf Madeira: Sie sind absolut pünktlich und haben eine angenehme Taktung. Es gibt auch Tages- und Wochentickets, die günstig und praktisch sind. Insgesamt ein sehr empfehlenswerter ÖPNV auf der Insel.

Zurück zur Wanderung: Von der Endhaltestelle der Linie 9 in Monte aus liefen wir Richtung Caminho das Barbosas über einen wahnsinnig hübschen Weg, der kunstvoll mit kleinen Steinen gepflastert war. Es geht unter der zweiten Seilbahn entlang immer bergab bis zu einer kleinen Brücke über das ausgetrocknete Bett des Ribeira de João Gomes. Und dann stetig bergauf. In Curral dos Romeiros hat man einen schönen Ausblick auf den Hafen von Funchal, in dem an diesem Tag allerdings zwei Kreuzfahrtschiffe vor Anker lagen. Wir befürchteten Schlimmes im Jardim Botânico.

Im Ort trifft man nach der erfolgreichen Suche des etwas versteckten Zugangs dann auf die Levada dos Tornos, an der entlang es ohne nennenswerten Höhenunterschied erstmal eine ganze Weile lang weitergeht. Eine ausgesprochen abwechslungsreiche Levada mit Monbretien, Girlandenblumen und allerlei anderem Grün und Bunt. Sie führt durch ein ehemaliges Ferienressort bis zur Quinta do Pomar.

Und ab da wird’s steil. Richtig steil. Ich glaube nicht, dass ich jemals zuvor eine so steile Straße gesehen habe. Und das, obwohl meine Großeltern an der Mosel im Katteneser Mühltal gewohnt haben. Das ging wirklich nur vorsichtig und schrittweise.

Als wir in Largo do Miranda eintrafen, stieß der Vorschlag des Gatten, kurz eine Pause in der Bar „Alto da Vista“ zu machen, auf recht große Begeisterung. Und da wusste ich noch nicht, wie genial die Bar wirklich war. Von außen war das jetzt nicht wahnsinnig ansprechend. Wir suchten uns einen Platz auf der Terrasse mit Blick auf Funchal und den Hafen.

Ich änderte meine Meinung beim ersten Schluck Poncha. Sensationell gut. Und auch der Bica war köstlich. Wir beschlossen, auf die Frage, ob es ein Bolo de Caco sein dürfe, einfach mal „Sim!“ zu sagen. Die sehr nette, lustige und äußerst kommunikative Dona Dora berichtete, dass ihr Vater es herstelle und es natürlich das absolut beste Bolo de Caco aller bekannten Galaxien sei. Es kam. Wir probierten. Und schlossen uns vorbehaltlos ihrer Meinung an. Sensationell lecker!

Wenn wir noch länger auf Madeira gewesen wären, hätten wir sicher nochmal zum Essen vorbeigeschaut. Dazu reichte dann aber leider die Zeit nicht mehr. Nun – aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben. Dann halt beim nächsten Mal.

Es ging von der Bar aus weiter genauso steil bergab wie vorher. Aber mit einem Poncha im Blut verlor der Abstieg ein wenig seinen Schrecken.

Wir erreichten den Jardim Botânico schließlich und blieben dort bis kurz vor der Schließung. Bevor ich es nachher vergesse: Diesen Nachmittag kann man wirklich nur empfehlen. Schöne Wanderung, hübsche Levada, sensationelle Bar – und dann der Jardim Botânico am Ende, den sich vermutlich eh jeder anschaut, der Madeira besucht. Nachmachen!

Als wir den Garten verließen, war gerade der Bus abgefahren. Wir trafen auf einen Taxifahrer, der uns erklärte, wie lange es dauern würde bis der nächste Bus käme (Gelogen! Er kam viel früher als avisiert!) und welch tolles Angebot er uns machen könne. Wir lehnten freundlich, aber bestimmt ab uns setzten uns auf den Bordstein an der Bushaltestelle. Kurz darauf hielt ein zweiter Taxifahrer an, der uns unter den Augen seines Kollegen ein noch sensationelleres Angebot machte. Wir hatten jedoch Angst, erneut einen Krieg unter portugiesisch sprechenden Taxifahrern auszulösen und warteten lieber weiter auf den Bus. Sicher ist sicher.

Am nächsten Tag stand die letzte Levada des Urlaubs auf dem Programm. Und die war irgendwie ganz anders als alle ihre Vorgängerinnen. Wir stießen in Maroços zum Weg an der Levada do Caniçal entlang. Eigentlich wollten wir sie bis zur Bar „O Jacaré“ laufen und dann umdrehen. Das wären dann sechs Kilometer hin und sechs Kilometer zurück gewesen. So weit der Plan.

Leider hatten meine Füße einen anderen Plan. Ständig hatte ich Krämpfe im Vorderfuß. Und keine Chucks als Wanderschuhersatz dabei. Ich sag’s gleich: Wir drehten früher um als geplant. Aber das macht die Levada nicht weniger schön.

Es geht die meiste Zeit durch Gärten oder an Gärten entlang oder über Gärten hinweg. Bananen, Süßkartoffeln, Inhame, Nisperos-Bäume, Wein. Ganz anders als die bisherigen Levadas und sehr schön. Und einen riesigen Weihnachtsstern und eine Wegbiegung voller Nischen mit Heiligenfiguren gab es noch obendrauf.

Aber auch alle Heiligen halfen mir bei meinen Fußproblemen nicht. Irgendwann mussten wir noch vor der Bar umdrehen. Es ging wirklich nicht mehr. Und auf den letzten Metern zum Auto war ich froh, es erst gar nicht versucht zu haben. Ich wäre höchstens barfuß noch zurück gekommen.

Als wir später zur blauen Stunde in der Bar Rodrigues saßen, fühlte ich mich schlimmer als der Rother zu diesem Zeitpunkt aussah.

Kurze Anmerkung noch zur Levadatauglichkeit von Büchern: Der Rother hat uns wirklich mehr als positiv überrascht. Nach einem drei Tage andauernden Trockenvorgang – unterbrochen nur durch gelegentliches, vorsichtiges Trennen und Glattziehen der Seiten – ist er wieder voll funktionsfähig. Will meinen: Man kann ihn noch hervorragend lesen – auch wenn etwas „der Lack ab“ ist. Und das nach mehreren Kilometern, die er in der Levada zurückgelegt hat. Gute Qualität, Rother Bergverlag!

Was folgte war unser letzter Tag auf Madeira. Er begann damit, dass der Gatte morgens zur Tauchbasis wollte, um seine Sachen abzuholen. Einige Minuten später war er wieder da. Das Auto sprang nicht an. Die Batterie. Ein Anruf bei unserem außerordentlich netten Autovermieter später wurde die Sache sagenhaft schnell und zuverlässig geregelt. Er kam vorbei, gab mit seinem Wagen Starthilfe und fuhr „unseren“ anschließend in die Werkstatt eines Freundes. Der Tag war nicht verloren. Wir starteten etwas später als geplant, aber nicht zu spät Richtung Hochebene durch.

Die Kühe an der Straße und die Fahrt über die Hochebene wirkten fast azoranisch. Und als wir auf dem Paul da Serra ankamen, war das Wetter zum Abschied noch einmal wirklich traumhaft. Leider hatte ich mir das anders vorgestellt. Ich wollte nämlich eigentlich Nebelfotos von den Stinklorbeerbäumen am Forsthaus machen. Im Reiseführer stand, dass praktisch an 364 von 365 Tagen des Jahres hier Nebel sei. Daran war allerdings an ausgerechnet diesem Tag eher nicht zu denken. Zwischendurch sah man ihn am Rand des Plateaus aufziehen, aber die Sonne hatte eineutig zu viel Kraft. Er hatte keine Chance.

Paul da Serra und Rabaçal, das sich im Westen anschließt, sind UNESCO-Welterbe, der Lorbeerwald ist Weltnaturerbe der UNESCO. Die Gegend ist nahezu unbewohnt und traumhaft schön. Fast unwirklich. Auch ohne Nebel.

Wir durchquerten ein Stück Wald, das fast magisch wirkte. Ein absolut lohnender Ausflug!

Auf dem Rückweg machten wir dann noch einen Abstecher zum Cabo Girão, dem „Kap der Umkehr“. Passend für den letzten Tag auf der Insel. Wir erwischten praktisch den besten Parkplatz direkt vor der Plattform. Ansonsten war alles ziemlich zugeparkt. Man kann auch mal Glück haben. Und das Auto sprang auch nach jedem Stopp brav wieder an. Wir standen der Weiterreise am nächsten Morgen wieder etwas positiver und deutlich weniger ängstlich gegenüber.

Auf der Klippe gibt es eine Aussichtsplattform. Es kostete mich einiges an Überwindung, durch das Glas in den Abgrund zu schauen. Seltsamerweise war der Blick über die Brüstung dann aber deutlich weniger furchteinflößend.

Unterhalb der Klippe liegt eine bewirtschaftete Faja. Eine weitere und die ersten Ausläufer von Funchal sind in Sichtweite.

Das letzte Abendessen wollten wir am Meer einnehmen. Die Wahl fiel auf das fußläufig zu erreichende „Praia dos Reis Magos“ am anderen Ende von Caniço de Baixo.

Ein Coral und ein Wein mit Meerblick. Dazu Lapas (der Gatte) und Grünschalenmuscheln (ich) als Starters. Gefolgt von gegrillten Sardinen mit Milho Frito (ich) und Tagliatelle mit Venusmuscheln (der Gatte). Milho Frito werde ich demnächst mal nachbasteln. Die Sardinen schafften mich. Die Portion war etwas überdimensioniert. Das Essen war gut, aber nicht überwältigend.

Ach! Und dann folgte noch ein letzter Poncha in der Bar Rodrigues. Der musste noch sein. Und dann ging es relativ zeitig ins Bett. Wer jetzt denkt, dass der Urlaub hier zu Ende war, täuscht sich gewaltig! Eine Woche fehlt noch. Und das beste Restaurant dieses Urlaubs auch. Hah! Cliffhanger à la Cabo Girão.

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