Il-Kuluri ta‘ Għawdex

„Die Farben von Gozo“ – Auch wenn dieses Blogpost eher etwas „entfärbt“ beginnt, enthält es die klassischen Farben der Insel. Blau in allen Schattierungen, Limestone-Gelb bei jeder Sonneneinstrahlung. Hach! Ich vermisse das bereits jetzt.

Beginnen wir aber mit der vergangenen Woche: Der Montag startete wie alle Tage. Der Gatte unter Wasser, ich auf dem Balkon. Nix zu meckern. Für beide. Bis zum Mittag hatte es sich allerdings deutlich bezogen und fing stellenweise gar an zu tröpfeln. Egal! Das ist Urlaub! Da werden keine Gefangenen gemacht. Ab nach Dwejra!

Am untergegangenen Azure Window (it-Tieqa tad-Dwejra, wörtlich: it-Tieqa Żerqa) konnten wir zum ersten Mal in Jahren direkt unten auf dem eigentlichen Parkplatz parken. Nix los. Unfassbar. Als wir ausstiegen, begann es wieder zu nieseln. Wir ignorierten es gekonnt und marschierten zum Blue Hole (il-Ghar iż-Żerqa). Im Nachgang stellte sich heraus, dass zumindest ich es besser nicht ignoriert hätte, versaute doch ein hartnäckiger Regentropfen auf dem Weitwinkel mir sämtliche Fotos. Grrrr…

 

Der Plan war, nach der Höhle und den Bootsgaragen am Fungus Rock zu suchen. Normalerweise waren wir immer auf der Höhe am Felsen vorbeigewandert. Diesmal wollten wir uns die kleine Bucht einmal genauer anschauen. Und auch vor bis zur Landzunge gehen.

Dazu gibt es übrigens eine sehr schöne Website – Dwejra.net – mit reichlich Informationen zum Beispiel zu Geologie und Geschichte der Dwejra Bay. Empfehlenswert!

Der Fungus Rock (il-Ġebla tal-Ġeneral) wirkte zwischendurch ziemlich geheimnisumwittert.

Aus naheliegenden Gründen war ich bis dahin davon ausgegangen, dass das Grüne auf dem Fungus Rock eine Art Pilz sei. Weit gefehlt…

„There are at least three counts of misunderstandings about this plant.  Firstly, whilst it was known as a fungus, it is actually a parasitic plant.  Secondly, it was thought to be endemic to this rock, but (while certainly rare) this plant is found in various other places, both in Malta (such as at Dingli) and elsewhere in the Mediterranean.  It can be found even as far as Afghanistan, Saudi Arabia, and Iran.  Thirdly, it was thought to have medicinal powers, scientific evidence for which is lacking.“ (Quelle: dwejra.net)

Menno!

Wir fanden dann schließlich auch die Bootsgaragen und die kleine Höhle. Am Ende war ich etwas eskaliert und musste exakt 412 Fotos bearbeiten. Und das trotz des eher doofen Wetters. Darauf war erstmal ein Eis an der Azure-Window-Bude fällig!

Anschließend hielten wir noch bei den Xwejni Salt Pans und stockten meine Salzvorräte ordentlich auf. Offensichtlich war das ein guter Salz-Sommer gewesen, der reichliche Ernte gebracht und alle ziemlich „exhausted“ zurückgelassen hatte. Die Tochter der Cinis, Josephine Xuereb, stand in der Verkaufsstelle, die aus Coronagründen „foliert“ war. Für ein Pläuschchen langte es dennoch. Des Gatten Rucksack hatte auf dem Rückflug ein ordentliches Gewicht. Dafür hatten wir immerhin gesorgt.

Kaum zurück in der Wohnung gab es einen ordentlichen Regenschauer. Prima! Der tunesische Sand wurde gründlich vom Leihwagen gewaschen.

Als es aufhörte, beschlossen wir, nur schnell auf eine Pizza ins Piùtrentanove zu gehen. Unterwegs entschieden wir uns allerdings um und kehrten kurzerhand im Otters Lounge & Bistro ein. Als wir zum ersten Mal auf Gozo waren, wurde es noch ob seiner Küche hochgelobt. Mittlerweile erweckt es allerdings den Eindruck, dass man sich mehr aufs Touri-Abfüttern spezialisiert hat. Wir waren noch nie dort gewesen. Unser Kellner war… nennen wir es… „merkwürdig distanziert“.

Wir bestellten Pizza Marinara und Lunette al Aragosta e Ricotta. Und wir waren überrascht und hocherfreut. Nie zuvor habe ich eine Meeresfrüchte-Pizza mit derart üppigem Belag gesehen. Drei Sorten Muscheln, Garnelen und ein riesiges Krustentier obendrauf. Respekt! Meine Pasta war auch ausgezeichnet und überraschend ordentlich ausgestattet mit Meeresgetier und Pistazien. Wir leisteten innerlich Abbitte, fanden den Kellner anschließend aber immer noch nicht netter. Egal. Reichlich gemästet schleppten wir uns anschließend wieder die paar Meter bergauf zur Wohnung. Yeah – Aufzug! Wir fielen nahezu unmittelbar ins Meeresfrüchte-Koma.

In der Nacht gab es dann ein heftiges Gewitter. So richtig mit Blitz und Donner. Und mit Starkregen. Morgens sah die Welt bereits deutlich freundlicher aus. Keine Spur von Tunesien mehr in der Luft. Strahlend blauer Himmel. Schön!

Nach den üblichen Solozeitvertreiben am Morgen brachen wir mittags gleich auf. Wir steuerten schnell nochmal die Xwejni Bay an, um ein paar Gutwetterfotos zu machen. Erledigt!

Weiter ging’s zum Parkplatz an ix-Xatt l-Aħmar für die übliche Wanderung nach Mġarr ix-Xini. Bei blauem Himmel sehen die Sandsteinformationen gleich doppelt so schön aus aus. Ach, was sage ich! Nur bei blauem Himmel entfalten sie ihre wahre Schönheit. Da steht man mit offenem Mund und wirkt leicht debil. Besonders an einem solchen Tag.

Das Licht war perfekt. Der Sandstein strahlte. Das Wasser in der Xini-Bucht war von einem unglaublichen Türkisblau. Das sind die klassischen Farben Gozos. Als wir 520 Fotos später an einem der Tische am Wasser saßen, waren wir beide der Meinung, dass man im Prinzip jeden Tag so verbringen müsste: durch diese herrliche Landschaft laufen und anschließend einen Wein am Meer trinken. Beziehungsweise ein Cisk.

Und dann hieß es wie immer: Tief durchatmen! Und wieder den Berg rauf. Man wird ja mal träumen dürfen…

Der Rückweg durch die gleiche malerische Kulisse löste eine weitere Fotoeskalation aus. Nun denn… Schlechtes Wetter zur Fotobearbeitung würde es zu Hause sicher reichlich geben.

Und – für den unwahrscheinlichen Fall, dass jemand vom Ministry for Gozo mitlesen sollte: Super Sache mit dem Wlan in den Häfen – aber noch dringender fände ich eine Lösung des Abwasserproblems. Der Gestank der zwischen Xatt l-Aħmar und Ras il-Ħobz von der nahegelegenen Kläranlage ins Meer eingeleiteten Abwässer der kompletten Insel macht einen zwischendurch schon ein wenig wütend auf euch. Nix für ungut, aber das könnt ihr besser, oder?!

Ich zitiere mal exemplarisch die Times of Malta („Thick sewage reappears at Ras il-Ħobz, Gozo“) und newsbook.com.mt („Updated: Drainage problems at Ras il-Ħobz).

Das geht schon seit Jahren so… Und diesmal war es besonders bestialisch.

Auf dem Heimweg besorgten wir noch Kunserva und Ġbejna fürs Abendbrot – ein Restaurantbesuch war nicht geplant – und Eier fürs Frühstück. Bei der Gelegenheit fielen mir bei ta’Mena „local lemons“ in die Hände. Ich hoffte inständig, es würde am Ende alles in den Koffer passen, das ich zu diesem Zeitpunkt schon so angeschleppt hatte… Brauchbare Zitronen suchte ich schon seit geraumer Zeit, da ich dringend Salzzitronennachschub herstellen wollte. Salz sollte ja nach unserer Rückkehr dank Leli tal-Melħ auch ausreichend im Haus sein.

Das für den Abend geplante, bescheidene Essen in der Wohnung wurde kurzerhand abgesagt und um einen Tag verschoben. Wir erwischten einen Tisch am Wasser im Il-Kartell, teilten uns Fishcakes als Vorspeise und gönnten uns anschließend Ravjul tal-Irkotta beziehungsweise ein Local Rabbit. Diesmal in einer dunklen Sauce mit Bohnen und einem Hauch von Minze. Köstlich! Wir saßen noch eine Weile am Meer und genossen den Abend. Ein schöner Tag kann so einfach sein!

Die Fishcakes waren ein echter Knaller. Sie landeten ebenfalls auf der Nachkoch-Liste. Die Muscheln aus dem il-Kartell habe ich heute nachgebaut. Hier eine „Bauanleitung“:

Muscheln in Knoblauch-Kräuter-Tomaten-Sauce

Gericht: Fischteller, Hauptgericht, Vorspeisenteller
Küche: Maltesisch, Mediterran
Keyword: muscheln
Kalorien:
Autor: MrsFlax

Zutaten

  • 500 g Miesmuscheln
  • Olivenöl
  • 1 Zwiebel
  • 2 Zehen Knoblauch
  • 1 "Lage" Fenchel von außen an der Knolle - nur, um die Menge grob zu bestimmen
  • 1 Stange Staudensellerie mit Blättern
  • 1 EL Kunserva ersatzweise: Tomatenmark und eine Prise Zucker
  • 200 ml trockener Weißwein
  • 600 g Tomaten Nettogewicht
  • Thymian, Oregano optional
  • 1 TL Kapern
  • Chili gehackt - Menge nach Geschmack
  • Kreuzkümmel ein Hauch
  • schwarzer Pfeffer
  • eventuell Salz
  • Blattpetersilie

Anleitung

  • Zwiebel und Knoblauch grob hacken und in Olivenöl in einem Topf sanft anschwitzen.
  • Fenchel und Sellerie würfeln und ebenfalls mit anschwitzen. Hitze etwas erhöhen. Kunserva zugeben und ebenfalls kurz mit erhitzen. Mit dem Wein ablöschen.
  • Tomaten grob würfeln und ebenfalls - mit den Kräutern - zugeben. Einköcheln lassen.
  • Gegen Ende der Garzeit Muscheln in klarem Wasser abwaschen, entbarten, offene Exemplare aussortieren und den Rest säubern. Wenn das Gemüse in der Sauce nach einer Weile - sagen wir 45 Minuten - weich ist, Pürierstab in den Topf halten. Keine Panik, wenn das jetzt etwas breiig sein sollte. Kapern zugeben.
  • Hitze im Topf erhöhen. Muscheln zugeben und Deckel auflegen. Etwa zehn Minuten bei geschlossenem Deckel - und ggf. wieder etwas reduzierter Hitze - köcheln lassen, bis sich die Muscheln geöffnet haben. Geschlossene Exemplare aussortieren.
  • Mit Petersilie und Brot servieren.

„Da gibt es irgendwo Sandstein, der aussieht wie ein Pilz“, sagte ich am nächsten Tag. Das klang ja morgens noch ganz harmlos. Ich hatte ihn auf Fotos gesehen, den Limestone Mushroom. Und es war Meer im Hintergrund. Aber obwohl wir mittlerweile nahezu die komplette Küste abgelaufen sind, war er uns bislang nicht begegnet. Höchste Zeit, das zu ändern!

Ich suchte nach einer Wegbeschreibung und fand sie hier: „From San Dimitri the direction is eastwards and one soon crosses Wied ir-Raħeb – a deep cleft of an elevated valley mouth that falls abruptly to the sea below. Beyond Wied ir-Raħeb is an area of what appears like randomly strewn boulders – look out for one formation in the shape of a gigantic mushroom!“

In der Nähe der Stelle liegt auch Wied il-Mielaħ („das salzige Tal“). Wir beschlossen, die Pilzsuche mit einem Besuch am dortigen Window zu verbinden. Unser Auto wurde vor einem absoluten Traumhaus in der Nähe von Għasri geparkt. In das würde ich einen – bislang – nicht vorhandenen Lottogewinn sofort bedenkenlos investieren. Wir entdeckten später, dass es zu vermieten ist: „Razzett Palma“.  Das sollte man mal im Hinterkopf behalten. Allein das, was wir vom Garten sehen konnten, war phänomenal. Und absolut keine Nachbarn weit und breit.

Wir marschierten los. Der Küstenabschnitt war fast komplett menschenleer. Nur am it-Tieqa ta‘ Wied il-Mielaħ, dem Window, trafen wir vereinzelt Leute. Wir durften feststellen, dass man mittlerweile nicht mehr Verbotsschilder missachten musste, um ganz hinunter zu kommen. Man hatte der Treppe ein neues Geländer spendiert. Sie ist nun offiziell begehbar bis zu der Stelle, an der ich 2017 die Fotos gemacht hatte.

Ein gutes Stück weiter den Fahrweg entlang kommt man in ein Gebiet, das wirkt wie auf einem anderen Planeten. Glatt polierter Sandstein, ausgewaschen und rund geschliffen, fast unwirklich schön. Blöderweise waren die Pilze immer noch nicht zu sehen. Wir erreichten Wied ir-Raħeb („das Tal des Küsters)“. Nach wie vor kein Pilz weit und breit.

Ein letztes Limestone-Plateau folgte jenseits des Einschnitts. Der Gatte ging vor. Und er fand sie! Sie waren deutlich größer als ich sie mir vorgestellt hatte. Leider war das Wetter nicht ganz optimal. Bei strahlendem Sonnenschein wäre die ganze Umgebung noch viel schöner und unwirklicher gewesen. Was soll’s?! Immerhin ein guter Grund zurückzukommen.

Ganz ehrlich: Dieser Küstenabschnitt ist so herrlich, dass man nur andächtig staunen kann. Ein Hoch der Erosion!

Zudem ist er von Għasri aus absolut bequem – sogar mit Auto – zu erreichen. Zumindest bis auf die letzten Meter über die Sandsteinplateaus am Wied ir-Raħeb.

Abends aßen wir in der Wohnung. Sozusagen eine Gozitan Platter. Im Prinzip war das auch vollkommen ausreichend, zumal wir uns ja bei ta’Mena ja mit allerlei Köstlichkeiten versorgt hatten. Und den Lobgesang auf maltesisches Brot muss ich ja nun wirklich nicht nochmal anstimmen. Danke, Grech’s Bakery!

Was allerdings unbedingt an dieser Stelle noch erwähnt werden muss, ist die Tatsache, dass ich bis zu diesem Zeitpunkt immer noch keine Apotheke aufsuchen musste, um meinen Cortisonsalbenvorrat aufzustocken. Erstaunlich. Und sehr ungewöhnlich. Die Stechmücken schienen sich entweder nicht mehr für mich zu interessieren oder gerade besseres vorzuhaben. Ich blieb dennoch misstrauisch. Mit gutem Grund…

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