Panem et Circenses

Mittlerweile stehen in Kattenes seit 74 Jahren „die Räder still“. Erschreckend, wie schnell die Zeit vergeht. Der letzte Müller im Mühl(en)tal in Kattenes war mein Opa Toni. Der Zeitungsartikel aus der „Rheinzeitung“ ist aus dem Jahr 1974. Und damals wurde er mit folgenden Worten zum Thema „Brot“ zitiert: „Bis 1960 machten wir unser Sauerbrot, alle vierzehn Tage. Das schmeckte anders als heute dieses schwammige Etwas.“

Das, was mein Lieblingsopa damals als „schwammiges Etwas“ bezeichnete, würde heute bedenkenlos als geniales Produkt der Handwerkskunst gehypt. Der Bäcker, der meine Großeltern Zeit ihres Lebens – im Anschluss an die Müllerei – belieferte, war aus Dreckenach. Und der buk sein Brot damals noch in aller Herrgottsfrühe selbst ohne irgendwelche fiesen Zusätze o.ä., bevor er mit seinem Ford-Kombi einmal die Woche seine Runde durch die abgelegenen Orte an der Untermosel drehte. Im Katteneser Mühlental erschien er donnerstags. Daran kann ich mich sogar heute noch erinnern. Erstaunlich.

Gut. Mein Opa kannte weder Ciabatta noch Baguette noch Focaccia. Aber immerhin wusste er, wie ein Brot schmecken muss. Dazu passt auch hervorragend folgender heutiger Dialog mit dem Gatten.

Ich: „Boah! Ich könnte jetzt das ganze Ciabatta auf einmal aufessen!“ Er: „Mach doch!“ Ich: „Nö…“ Er: „Die Brotfresserei liegt euch ja ohnehin in den Genen.“ Na, danke!

Und während die zweite Ladung Ciabatta meines Lebens noch so vor sich hin ging, erfüllte ich ein Versprechen, dass ich der Nachbarin gegeben hatte, falls sie den Spülmaschinenmann am Freitag hereinließe. Sie tat es. Also war ich heute mit den Kanelbollern dran. Eine Frau, ein Wort.

Apropos „Spülmaschinenmann“: Er wird am kommenden Freitag zurückkehren und sein Werk vollenden. Wobei ich nach drei spülmaschinenlosen Wochen immerhin folgendes sagen muss:

Ein Leben ohne Spülmaschine diszipliniert. Also mich zumindest. Die ständige Handspülerei sorgt dafür, dass meine Arbeitsplatte stets aufgeräumt und frisch gewischelt ist. Manchmal spüle ich gar dreimal am Tag. Mit Spülmaschine räumt man ja einfach nur alles rein. Aus den Augen, aus dem Sinn. Ohne Spülmaschine ist man mehr in Rundum-Schlag-Stimmung und wischelt immer nach dem Spülen noch etliches anderes ab, das einem wischelwürdig erscheint.

Fazit: Ich werde nach der Wiederbelebung der Spülmaschine weiterhin einiges von Hand spülen. Schon aus erzieherischen Gründen. Aus selbsterzieherischen Gründen.

Was ich außer Ciabatta und Kanelbollern heute noch getan habe: Ich habe nach etwa acht Jahren einen erneuten Versuch unternommen, das Kellersche Kartoffelbrot nachzubacken. Und da ich gerade so einen wahnwitzigen Brotbacklauf habe, gelang auch das fast perfekt.

Am Mittag kam mir der Gedanke, dass es sich von der Konsistenz her in Richtung Focaccia bewegt. Ich landete gedanklich beim „Focaccia Barese“, dem Focaccia aus Bari. Wenn man die Tomaten weglässt, und die Kartoffelmenge etwas erhöht, könnte das in die richtige Richtung gehen. Kümmel! Kümmel nicht vergessen.

Meine Kartoffelmenge war heute noch etwas übertrieben. Ich schraube nochmal daran und poste dann das endgültige Rezept. Versprochen! Das hier war jedenfalls nicht allzu weit von dem entfernt, was ich beabsichtige.

Für heute bin ich jedenfalls zufrieden. Meine Brot-Spielchen haben ein würdiges Ende gefunden. Und gleich muss ich nur noch Muscheln in den bereits vorbereiteten Sud kippen und entscheiden, welches Brot ich dazu essen möchte. Schwere Entscheidung. Das Leben ist hart.