Steinpilze, ein Einhorn & die Ċittadella

Für den nächsten Tag sah unser Plan vor, dass wir uns mal wieder auf den Weg zu den Limestone Mushrooms machen wollten. Der Weg ist toll – immer an der Küste entlang – und sollte ohne Anfahrt von unserer Unterkunft in Għasri aus funktionieren. Zudem ist die Landschaft rund um die Pilze herum einfach fabelhaft. Man fühlt sich wie auf einem anderen Planeten.

Nach dem Tauchgang des Gatten brachen wir auf. Meine Beine waren zu diesem Zeitpunkt ein Bild des Elends. Ein Stich neben dem nächsten. Manche extrem entzündet und angeschwollen, andere dagegen recht harmlos. Was alle gemeinsam hatten, war ein grauenhafter Juckreiz. Ich hatte mir vorgenommen, es weitgehend zu ignorieren. Beim Juckreiz funktionierte das auch soweit, bei den Schmerzen weniger gut.

Wir nahmen also wieder „unsere“ Straße, kamen erneut an der Bażilika tal-Madonna tal-Patroċinju vorbei und liefen weiter Richtung Küste und Wied il-Mielaħ. Den ähnlichen Weg hatten wir zwei Jahre vorher („Il-Kuluri ta Għawdex“) bereits genommen. Diesmal allerdings war das Wetter deutlich mehr auf unserer Seite.

Auch an diesem vierten Urlaubstag war kein einziges Wölkchen am Himmel zu sehen. Unfassbar eigentlich für Ende Oktober. Nie zuvor hatten wir so derartig gutes Wetter gehabt. Und das, obwohl wir meistens in der ersten Oktoberhäfte unterwegs gewesen waren. Und – ich greife etwas vor – das änderte sich auch in den folgenden Tagen nicht. Hier erstmal ein paar Fotos vom Weg:

Falls jemand zufällig noch ein Stück Ödland zwischen zwei Trockenmauern in der Nähe von Għasri sucht: Ich habe mal die Kontaktdaten mit angepinnt.

Kurz vor dem Window wurden meine Wadenschmerzen schlimmer. Der Gatte schlug vor umzukehren. Das kam natürlich nicht in Frage. Die Pilze. Ich wollte zu den Pilzen.

Das Window ließen wir diesmal links rechts liegen. Erstens wollten wir vom Hauptweg runter, weil uns ständig wechselweise ein Lkw mit Baumaterial oder verschiedene Touristen-Squads einstaubten. Und zweitens turnte daran eine Horde von Kletterern herum. Der Anblick war mir deutlich zu nervenaufreibend.

Wir schafften es dann tatsächlich. Ich konnte meine Pilze vor strahlend blauem Himmel fotografieren. Allerdings wurde meine Verfassung von Minute zu Minute katastrophaler. Meine Waden waren komplett verkrampft. Jeder Schritt wurde zur Qual. Nachdem wir eine Weile ganz allein in der Landschaft herumgesessen hatten, war es beim Aufstehen noch deutlich schlimmer.

Ich biss die Zähne zusammen und schleppte mich zurück zum Fahrweg. Und dann auch noch eine ganze Weile an ihm entlang. Aber irgendwann musste ich einsehen, dass ich das nur aus purer Willenskraft nicht schaffen würde. Der Gatte ließ mich mit Wasser, ausreichend Cortisonsalbe und guten Wünschen am Straßenrand zurück, um das Auto zu holen. Ich tat so, als ob ich wahnsinnig beschäftigt sei, wenn die Lastwagen an mir vorbeirauschten. Bloß keine Schwäche zeigen! Ich machte Fotos vom gegenüberliegenden Küstenabschnitt in der Abendsonne.

Irgendwann kehrte der Gatte zurück, sammelte mich ein und karrte mich in die Unterkunft. Er empfahl als Erste Hilfe das „Abklingbecken“ aka Pool. Das half etwas. Auch gegen den Juckreiz.

Zum Abendessen musste ich dennoch gefahren werden. Laufen war keine Alternative. Nicht mal die zwei Kilometer zum Brookies. Man kann es auf den unterbelichteten Handyfotos nicht wirklich gut erkennen: Es gab einen Bohnendip mit Brot vorneweg. Anschließend teilten wir uns eine Portion Prawn Carpaccio auf dünnen, knusprigen Brotscheiben mit Blutorangenmayonnaise und Kapern. Zwei cremige Wohlfühlgerichte komplettierten den Abend: Maltese Sausage Risotto (Arborio rice flambéed in red wine with roasted Maltese sausage, kale, onions, garlic, in-house jus, finished with parmesan and butter) für den Herrn und Chicken & Pancetta Gnocchi (Potato gnocchi tossed with sautéed chicken, smoked pancetta, garlic and freh herbs, flambéed in white wine, finished with cream and blue cheese and topped with walnuts) für die geschwächte Dame. Die paar Schritte zum Auto schaffte ich dann gottlob noch.

Am nächsten Morgen kam ich kaum die Treppe aus dem ersten Stock herunter, um Kaffee zu kochen. Eins stand fest: Ein Ruhetag war angesagt. Lesen im Liegestuhl, treiben lassen auf dem Einhorn, dem Plätschern des Poolwassers lauschen. Viel mehr passierte an diesem Tag nicht.

Andererseits: Ist es nicht das, was unglaublich viele Menschen in ihrem Urlaub vierzehn Tage lang ausschließlich tun?! Kann es also so schlimm sein?! Nein. Kann es nicht. War es auch nicht, nachdem mein Ärger über meine Unbeweglichkeit sich etwas gelegt hatte.

Zudem war es auf den Tag genau dreißig Jahre her, dass ich den guten Max in die Welt gesetzt hatte. Ich gratulierte ihm vom Einhorn aus.

Abends aßen wir Pastizzi, Oliven, Käse, Brot, Bigilla und Kunserva. Bis zum Lighthouse Supermarket ein paar Meter die Straße runter schaffte ich es gerade noch so. Und es gelang mir sogar, den Gasofen anzuwerfen, um die Pastizzi tal-Irkotta auszubacken. Geht doch!

Die ersten Stiche klangen zudem etwas ab – dank Abklingbecken. Die Moskitos konzentrierten sich an diesem Tag ausschließlich auf meinen Nackenbereich.

Am nächsten Tag wollten wir nach Victoria. Klar stand auch ein Besuch der Ċittadella auf dem Programm – plus Stadtbummel und Shopping. Es war bereits etwas später am Tag als wir ankamen. Man kann es unschwer an der teils schon tiefstehenden Sonne auf den Fotos erkennen.

Nach der Ċittadella liefen wir eine Weile durch die Gässchen von Victoria, statteten dem It-Tokk, dem Bookworm und dem House of Gozo einen Besuch ab und landeten schließlich zum traditionellen Kaffee auf dem St. George’s Square. Ein Fehler! Der Gatte empfand seinen Cappuccino als persönliche Beleidigung. Und er lag vollkommen richtig. Wir brauchen nach Jahren nun eindeutig ein anderes Stammcafé!

Immerhin hatte ich das Kochbuch, auf das ich scharf gewesen war, in meinen Besitz gebracht. Und noch ein weiteres. Dazu allerlei Lebensmittel aus dem It-Tokk und ein wenig Deko aus dem House of Gozo. Ganz so erfolglos war der Tag dann doch nicht verlaufen.

Zum Abendessen gab es unspektakulärerweise die Reste des Vorabends. Passte. Und man musste dafür auch nicht nochmal das Haus verlassen. Während des Essens wurde mir der Plan für den Folgetag unterbreitet. Die Bootstour! Der Gatte hatte uns einfach ohne mein Wissen ein Boot gemietet. Trotz meiner Bedenken und all der Miesmacherei. Unfassbar! Ich begab mich in mein Schicksal und schloss auch irgendwie schon ein wenig mit dem Leben und allem ab.

Ob es so schlimm wie erwartet war? Stay tuned!

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