„Weiße Rosen aus Athen…

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… sagen dir ‚Komm‘ recht bald wie-hieder…'“

Vorab zwei Dinge: Ich weiß, dass das oben keine Rosen sind. Das ist selbstverständlich Oleander. Zu dem kommen wir aber später irgendwann. Ganz spät, um genau zu sein. Und zu Nana Mouskouris‘ Schlagertext: Dass das nicht unser letzter Besuch in Griechenland war, steht bereits jetzt fest. Wir kommen todsicher ‚recht bald wie-hieder‘. Versprochen!

Aber von vorne!

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Am 16.07. starteten wir ab Köln-Bonn mit Eurowings. In seiner unendlichen Weisheit hatte der Gatte Plätze in Reihe 6 des Fliegers reserviert, die „mehr Beinfreiheit“ versprachen. Das Versprechen wurde gehalten. Das war mal ein wirklich bequemer Flug. Harald Schmidt, der sich mit Familie ebenfalls an Bord befand, musste sich weiter hinten zwischen die enger stehenden Sitzreihen klemmen. Hah!

Wie das in Flugzeugen so ist, beginnt sich spätestens eine Minute nachdem das „Fasten seatbelts“-Zeichen erloschen ist, die Karawane Richtung Bordtoiletten in Bewegung zu setzen. Und das hört auch erst dann auf, wenn das gleiche Zeichen kurz vor der Landung wieder aufleuchtet. Die Deutschen… Ein Volk unter dem Joch permanenten Harndrangs…

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Das Buchen des „Smart Tarifs“ (wegen der Beinfreiheit) erwies sich dann bei der Essenausgabe allerdings als zweifelhaftes Vergnügen. Eurowings schenkte uns ein kleines Stoffbeutelchen, das ein winziges Mineralwasserfläschchen, ein Cantuccino und – tadaaaahhh! – ein Hasenbrot erster Güte enthielt. Mit Käse und Senf. Ein Brot, das einen beim ersten Bissen praktisch direkt in die Schulzeit zurück katapultierte. Und zwar exakt an die Stelle, an der man mit wahnsinnigen Gewissensbissen und einem total vertrockneten Pausenbrot an der Bushaltestelle steht und verzweifelt überlegt, ob man es moralisch verantworten kann, es einfach in den Mülleimer zu werfen. Im Hinterkopf ertönt die vorwurfsvolle Stimme meiner Mutter noch heute: „… und in Afrika verhungern die Kinder!“

Um nicht Schuld auf uns zu laden, würgten wir die Dinger runter. Wie früher. Gulp. Den Hunger in der Dritten Welt werden wir damit wahrscheinlich nicht beseitigt haben, aber weitere Überlegungen zu diesem Thema führen an dieser Stelle ohnehin zu weit.

Dann kam der Kaffee. Die gleiche, üble Plörre wie immer. Von allen Worten auf dem Becher traf nur eins auf das Gesöff zu. Finde es!

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Direkt im Anschluss an unser gar köstliches Mal begannen dann sämtliche – und das waren nicht gerade wenige – Gören an Bord abwechselnd zu nölen, zu schreien und zu quengeln. Wer noch Windeln trug, entleerte sich wie auf ein geheimes Kommando hin in diese hinein. Der Gestank schien einer exakten Choreographie zu folgen. Etwa alle zehn Minuten stank es aus einer anderen Sitzreihe. Einfach toll.

Die Gesamtsituation wurde durch das Verhalten offensichtlich schwachsinniger Eltern, die sich niemals hätten fortpflanzen dürfen, nicht wirklich verbessert. Während ich mich eine Weile sehr unterhaltsamen Gewaltphantasien hingab, in denen ich den erziehungsunfähigen Erziehungsberechtigten ihr jeweiliges Gezücht entriss, in ein Gepäckfach warf und mit lautem Knall und den Worten „Jetzt ist aber Ruhe!“ die Klappe zuwarf, schien es dem Gatten ähnlich zu gehen.  Aber vielleicht habe ich mir das leise gemurmelte „Gleich fließt hier Kinderblut…“ auch nur eingebildet.

Eine Weile lang half das jedenfalls. Und irgendwann landeten wir dann auch bei Sonnenuntergang in Athen. Gepäckausgabe, U-Bahn, Hotelrezeption, Syntagma-Platz. Wir liefen noch eine Weile durch die Stadt, aßen irgendwo eine Kleinigkeit und starteten des Gatten traditionelle Biertestreihe mit einem „Alpha“.

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Am nächsten Morgen erwachte ich im von der Klimaanlage auf Kühlraumlevel temperierten Zimmer mit steifem Nacken und leichten Erkältungsbeschwerden. Verdammt! Im Laufe des Tages unter der Sonne Griechenlands verflüchtigten sich diese allerdings wieder.

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Nach dem Frühstück starteten wir auf eigene Faust und durchwanderten Anafiotika, den Areopag, den Philipappos Hügel und den Pnyx. Völlig ausgetrocknet strandeten wir schließlich im Außenbereich eines Cafés, wo wir – natürlich aus rein therapeutischen Gründen! – bereits vor zwölf Uhr mittags eine Flasche Wasser und zwei große Bier orderten. „Mythos“ diesmal. Teil 2 der Testreihe. Besser als „Alpha“.

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Und während wir da so schön im Schatten saßen und langsam vor uns hinregenerierten, schritt eine Prozession zu Ehren der Hl. Marina an uns vorbei. Mit dem Metropoliten von Athen! Das war praktisch so, als ob der Papst auf ein Bier vorbeischaut. Blöderweise habe ich ihn nicht fotografiert. Und dann war er auch schon weg. Mist.

Dank der Heilwirkung des „Mythos“ schafften wir es irgendwann zurück ins Hotel und zur Klimaanlage. Nach einer kurzen Pause ging es weiter. Der Gatte hatte eine Führung durchs neue Akropolis-Museum und auf die Akropolis organisiert. Und das war eine der besten Ideen der ganzen Reise.

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Wir trafen uns am Museum mit einem ganz wunderbaren Menschen namens Athanasios Chliaras, einem Archäologen und Direktor einer Theatergruppe, der den Rest des Tages zu einem ausnehmend spannenden, anregenden, erhellenden und überhaupt ganz wunderbaren Erlebnis machte.

Wir besichtigten zuerst das Museum, das im oberen Stockwerk eine 1:1-Nachbildung der Friese, Metopen und Giebel des Parthenons enthält.

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Leider befinden sich hier bis auf wenige Ausnahmen lediglich Kopien der Originalteile des Bauwerks. Diese Tatsache ist vor allem diesem „Herren“ zu verdanken. Und der beständigen Weigerung des British Museum, die sog. „Elgin Marbles“ an die Griechen zurückzugeben.

Das Museum an sich ist wirklich fantastisch. Wer nach Athen kommt, sollte unbedingt einen Besuch einplanen.

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Anschließend ging es dann hinauf auf die Akropolis, die ja außer dem Parthenon auch noch Propyläen, Erechtheion und Nike-Tempel beherbergt. Unser neuer Freund Athanasios riss uns mit seiner Begeisterung mit. Als wir die Akropolis verließen, waren wir die letzten Besucher. Das Abendlicht, das die Marmorsäulen  immer wieder anders beleuchtete und von ihnen reflektiert wurde, das Gefühl der eigenen Winzigkeit angesichts der Geschichte und der Großartigkeit dieses Bauwerks – das waren wirklich Momente voller Ehrfurcht. Klingt jetzt vielleicht übermäßig pathetisch, fühlte sich aber exakt so an.

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Wir trennten uns schließlich von unserem „Lehrer“ der letzten Stunden und machten uns auf den Weg zurück in die Stadt, um etwas zu essen. Praktisch von den Göttern auf direktem Weg zurück in die Welt des Nepps. An diesem Abend, als wir noch voll gerechten Zorns auf den siebten Earl of Elgin im Speziellen und Engländer im Allgemeinen nach einem Ort zum Behülfe der Nahrungsaufnahme suchten, gerieten wir nämlich zum ersten und einzigen Mal auf unserer Reise in eine Touristenfalle.

Zu unserer Entschuldigung muss gesagt werden, dass wir ziemlich erschöpft, ausgetrocknet und sehr hungrig waren, als wir uns einfach nach kurzer Suche an den erstbesten Tisch vor einer Taverne („TO21“) warfen, der irgendwie nett wirkte. So kann man sich täuschen. Die Karte war schon nicht wirklich aufregend, aber egal. Wir hatten Hunger. Wir bestellten. Das Essen kam.

Ich weiß beim besten Willen nicht mehr, was ich hatte (wahrscheinlich verdrängt…), aber die Mousaka des Gatten wird uns noch lange in Erinnerung bleiben. An den Schnittkanten konnte man bereits erkennen, dass es sich um astreines Convenience-Food handelte. Wir saßen also mitten in Athen und aßen Tiefkühl-Mousaka aus der griechischen Woche von Aldi-Süd. Unfassbar. Den Koch abführen, die Herren! Lebenslanges Berufsverbot!

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Apropos „lebenslanges Berufsverbot“: Auf dem Rückweg zum Hotel stolperten wir über das hier:

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Zur Erläuterung: Wikipedia. Und: berechtigte Frage! Vielleicht gibt es doch Übleres als Industrie-Mousaka…? Bayerische Oberlandesgerichte zum Beispiel…

Im Hotel schafften wir es dann, die Klimaanlage unter Kontrolle zu bringen und auf eine angenehme Temperatur einzustellen. Ausgezeichnet! Schließlich lag noch ein weiterer Tag mit Programm in Athen vor uns.

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Beim Aufstehen – es war Montag! – warfen wir einen Blick in die Büros des griechischen Finanzministeriums direkt gegenüber. Der Mitarbeiter im von unserem Zimmer aus direkt einsehbaren Büro machte bereits zu recht früher Stunde einen recht verzweifelten Eindruck. Der arme Mann! Danke, Herr Schäuble!

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Für diesen Vormittag hatte der Gatte mir zuliebe einen FoodWalk gebucht. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die Buchung beider Führungen (Akropolis und Essen) über „Athens Walks“ erfolgt war. Das ist eine ausdrückliche Empfehlung. Den FoodWalk leitete der Inhaber selbst, Kostas Chatzivasileiou. Und auch hier hatten wir wieder die perfekte Begleitung zum Thema.

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Wir besuchten eine Bäckerei („Meliartos“), tranken den besten Kaffee Athens im „Mokka“, …

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… wir probierten köstliches Schmalzgebäck mit Zimt, Zucker und Honig im „Krinos“ – an dieser Stelle bemerkte Kostas, dass das Café etwa 100 Jahre alt sei, was auch auf die meisten seiner Gäste zuträfe…,

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…, wir schlenderten durch die Markthalle und bewunderten die Fischauslagen, …

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… die – im wahrsten Sinne des Wortes – Nose-to-tail-Fleischangebote…

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… und die Obst- und Gemüseauslagen.

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Leider konnte ich nichts davon wegschleppen, da wir ja bereits ein paar Stunden später wieder auf der Fähre sein mussten. Am liebsten hätte ich willenlos eingekauft und die Hotelküche mit Waffengewalt für ein paar Stunden unter meine Kontrolle gebracht. Habe ich natürlich nicht, obwohl es wirklich ein verlockender Gedanke war. Kostas schenkte uns Oliven. Die kann man wenigstens zubereitungsfrei in sich hineinstopfen.

Zuletzt durften wir noch etliches in einer Metzgerei („Miran“) probieren. Dann ging es in einen Gewürzladen und kam zu einem Saatgutgroßeinkauf meinerseits in einem kleinen Laden mit Kräutern u.ä.

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Unsere letzte Station war „Atenco“, ein Händler, der griechische Agrarprodukte vertreibt. Der Laden ist ein Traum. Manuela im Wunderland! Wir probierten Weine, Olivenöle und Essige. Kostas hatte vom Markt ein paar Cocktailtomaten mitgenommen, die er jetzt mit Feta, einem ausgezeichneten Öl, etwas Balsamico und getrocknetem Wildthymian für uns zu einem Tomatensalat herrichtete. An ein Foto dachte ich erst, als die Schüssel fast leer war. Das sagt eigentlich alles und beweist mal wieder, was eigentlich ohnehin klar ist: Das Einfache kann perfekt sein – wenn die einzelnen Bestandteile an sich von ausgezeichneter Qualität sind.

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Dieser Laden jedenfalls ist ein absoluter Traum. Die Auswahl an hervorragenden Produkten kleiner Agrarbetriebe, die Weine, die Öle, die… Kurz gesagt: Die zweite absolute Empfehlung für einen Athenbesuch.

Ein bißchen was musste mit: zwei Sorten Olivenöl und eine Flasche Essig. Ich werde sie hüten wie meinen Augapfel, und nur zu besonderen Anlässen und zu Dingen aus dem eigenen Garten das ein oder andere Tröpfchen spendieren. Wie Kostas meinte: Das ist kein Öl zum Kochen, das ist ein Öl zum pur Trinken. So isses.

Und dann rettete dieses grandiose Öl auch noch unsere Urlaubskasse. Nach dem FoodWalk gingen wir ins Hotel, um unsere Koffer abzuholen, und machten uns von da aus auf den Weg nach Rafina, von wo aus eine Fähre uns weiter befördern sollte. Zwischen Athen und Rafina lagen zwei U-Bahn-Fahrten und eine Busfahrt. Beim Umsteigen von einer U-Bahn in eine vollbesetzte zweite merkte ich, wie jemand den Reißverschluss meines Rucksacks öffnete.

Zu diesem Zeitpunkt stand ich vollbepackt und mit Koffer bewegungsunfähig eingeklemmt direkt an der Tür. Ich presste den Rucksack gegen die Tür und drehte mich halb um. Mir war klar, wer da versuchte an meinem Rucksack zu fummeln. Ich starrte ihn unentwegt an. Es waren nur zwei Stationen, aber ich war in Schweiß gebadet, als wir ausstiegen. Das obere Fach meines Fotorucksacks stand offen und es war gewühlt worden. Mein Portemonnaie allerdings lag ganz unten. Unter drei Flaschen Olivenöl und Essig. Und unter einer Tüte mit Gemüsesamen. Keine Chance für einen schnellen Zugriff. Schwein gehabt!

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In Rafina bestiegen wir dann die Fähre nach Andros mit dem wunderbaren Namen „Theologos P.“ der „Cyclades Fast Ferries“. Ziemlich groß, das Schiffchen. Auf dieser Fahrt zumindest würden die beiden Eurowings-Kotztüten, die ich in weiser Voraussicht im Flugzeug hatte mitgehen lassen, nicht zum Einsatz kommen. Der Gatte entspannte sich. Die Überfahrt verlief ohne Zwischenfälle.

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So. Das erstmal zu Athen. Ich habe sicher alles mögliche vergessen, gebe aber mein Bestes. Und während nach unserer Rückkehr noch kein Fitzelchen blauen Himmels zu sehen war und es nahezu ununterbrochen regnet, habe ich beschlossen, dass das eigentlich perfektes Fotobearbeitungs-und-Blogartikelwetter ist. Ich mache dann mal weiter…

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2 Kommentare

    1. einserseits isses ja ganz nett, wieder zu hause zu sein, aber das wetter… *heul*
      aber ich muss ja erst am kommenden mittwoch wieder arbeiten. und schlechtes gartenwetter ist gutes bildbearbeitungswetter 😀

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