Raja Ampat: Piaynemo sehen und sterben

Am ersten Morgen – wir hatten hervorragend geschlafen – verschwand der Gatte gleich um 7:30 Uhr zu seinen ersten beiden Tauchgängen. Ich sondierte die Umgebung. Über und unter Wasser. Als ich die Kamera zur Hand nehmen wollte, mit der ich bereits am Vorabend Sonnenuntergangsfotos gemacht hatte, passierte exakt das gleiche wie am ersten Tag des Madeira-Urlaubs: Zack! – Knopf ab. Ich konnte es nicht fassen. Diese verfluchte Canon EOS R6 mit ihrem f***ing billigen On/Off-Schalter. Und immer zu Beginn des Urlaubs. Man fasst es nicht!

Der Schalter liegt vermutlich immer noch irgendwo unter dem Haus in den Korallen. Falls ihn nicht ein Fisch gesnackt hat. Ein Canon-Teil wird ihm schwer im Magen liegen. Soviel steht fest. Den Knopf zu suchen hätte keinen Sinn gemacht. Das wusste ich ja bereits vom ersten Mal. Genau so wenig Sinn, wie in dieser traumhaften Umgebung lange Trübsal zu blasen. Ich fand mich mit dem nicht Änderbaren ab. Zähneknirschend.

Immerhin hatte ich noch die RP, für die ich auch ein Unterwassergehäuse besorgt hatte. Ich beschloss, meinen Frust bei einem ersten Schnorchelgang zu verarbeiten. Unter dem Haus und dem Jetty war die Hölle los. Wirklich faszinierend. Wie in einer anderen Welt, einer wunderhübschen Parallelwelt. Ich versuchte mich erst an den blauen Seesternen, bevor ich einen zweiten Versuch an etwas agileren Geschöpfen unternahm.

Wirklich ein Traum. Und ich nahm mir vor, am nächsten oder übernächsten Tag bis zur Anlegestelle vorzudringen. Dort an der Riffkante sollte es angeblich noch 1000mal schöner und belebter sein.

Der erste Tag verging ansonsten mit Akklimatisieren, einem Mittagsschläfchen, das mein Schlafdefizit der letzten Tage etwas ausglich, und einer Runde durch die Gemarkung. Wir waren wirklich mitten im Dschungel.

Am nächsten Morgen war es dann soweit: Ich versenkte die zweite Kamera. Im wahrsten Sinne des Wortes. Wasser drang ins Gehäuse ein (ein Anwenderfehler übelster Art…) und selbst ein sicher dramatisch anmutender Rettungsversuch meinerseits konnte ihr nicht mehr helfen. Zweiter Tag – und ich hatte keine Kamera mehr. Außer im Handy.

Beim Mittagessen schilderte ich unseren Nachbarn im zweiten Wasserbungalow mein Elend. Nick und Emelie beschlossen kurzerhand, mir ihre Zweitkamera mit Unterwassergehäuse zu leihen. Beste Urlaubsnachbarn ever! Und das nicht nur deshalb. Wir hätten uns keine anderen Menschen als direkte Nachbarn vorstellen können, die besser gepasst hätten. Manchmal ist das so. Das sind dann die Momente im Leben, in denen alles einen Sinn ergibt.

Ich schaffte es dann auch, Nicks Kamera nicht gleich zu fluten und intensivierte damit in den nächsten Tagen meine Unterwasser-Foto-Skills. Und ich fand Nemo. Ihr könnt jetzt aufhören, nach ihm zu suchen. Ich fand ihn zwar, aber ich mochte ihn nicht. Diese Anemonenfische sind wirklich eine unsympathische Spezies. Allesamt. Aggressiv, schlecht gelaunt, dauergereizt, angriffslustig.

Zudem führte mich freundlicherweise einer der beiden deutschen Jungs, die in einem der Strandbungalows wohnten, in die Drohnenfotografie ein. Hatte ich vergessen, das zu erwähnen?! Mein Weihnachtsgeschenk war eine Drohne gewesen. Und aus verschiedenen Gründen – mieses Wetter, keine passenden Speicherkarten, Akkus nicht aufgeladen, keine Zeit – war ich bis dahin noch nicht dazu gekommen, sie ernsthaft zu testen. Nach anfänglicher Panik, jetzt auch noch die Drohne zu versenken, funktionierte es dann ganz gut. Erstes Foto vor dem Start vom Jetty aus:

Der nächste Schnorchelversuch fand am nächsten Morgen an der Anlegestelle des Jettys statt. Emelie und ich verabredeten uns beim Frühstück zu einer gemeinsamen Schnorchelrunde, während die Herren zu ihren Tauchgängen aufgebrochen waren. Was für ein Gewusel! Wirklich überwältigend! Ich fotografierte mich wie besessen an der Riffkante entlang.

Mein Lieblingsmotiv wurde bereits an diesem Tag der Bat Fish (Foto unten rechts), der offensichtlich an der Anlagestelle „wohnte“. Insgesamt drei Exemplare in verschiedenen Größen schwammen da den ganzen Tag herum. Jeden Tag. Und sie waren freundlich und tiefenentspannt. Sie blieben meine Lieblingsfische bis zur Abreise. Ich schaute jeden Tag nach, ob sie noch da waren. Jedenfalls an allen Tagen, an denen ich ins Wasser konnte. Dazu später mehr.

Kurze Erklärung zu unseren Hütten: Sie trugen die Namen Sunset und Sunrise. Die Erklärung liegt nahe. Von unserer Hütte (Sunrise) aus hatte man den perfekten Blick auf den Sonnenaufgang, von der anderen (Sunset) aus auf den Sonnenuntergang. Der Sonnenuntergang ließ sich von unserer Terrasse hervorragend mit der zweiten Hütte im Motiv fotografieren. Keine Ahnung, wie oft ich das insgesamt tat.

Zudem hatte man natürlich den ganzen Tag einen hervorragenden Blick aufs Meer und den Jetty. Hier ein paar Eindrücke. Es war wirklich wie im Paradies.

In der ersten Woche unternahmen der Gatte und ich dann noch einen Spaziergang ins nächste Dorf. Erst am Strand, dann an der Mangrove entlang. Es war heiß. Sehr heiß. Im Dorf winkten uns alle Kinder zu. Sehr viele Touristen gab es nicht, die in der Gegend herumliefen.

Wir kauften im einzigen Laden von Kurkapa zwei Flaschen Wasser und unterhielten uns mit dem sehr netten Inhaber in gebrochenem Englisch. Hinterher stellte sich heraus, dass es sich um den Ältesten des Ortes gehandelt hatte. Wir hatten Wasser beim Chef gekauft.

Da wir für den Folgetag den Ausflug aller Ausflüge – nach Piaynemo nämlich – gebucht hatten, mussten die Drohnenskills noch ausgebaut werden. Am Abend experimentierten wir am Bootsanleger herum. Es funktionierte erstaunlich gut. Ich schöpfte Hoffnung, den schönsten aller Orte würdig ablichten zu können. Auch ohne Kamera…

Den Piaynemo-Ausflug hatten wir mit Nick und Emelie zusammen gebucht. Und uns auf Schnorchelstopps unterwegs geeinigt. Die geniale Esni von Nyande organisierte alles und es wurde wirklich ein fantastischer Tag. Vor Piaynemo stoppten wir an der Manta Ridge, schnorchelten ein wenig herum, fanden aber keine Mantas. Wir verschoben den Manta-Plan auf später und starteten erstmal nach Piaynemo durch.

Ich fotografierte mit allem, was ich noch hatte (Handy…), wie verrückt herum. Es gab immerhin Drohnenfotos. Und es gab auch Videos. Leider sind die zu groß, um sie hier hochzuladen. Aber die Fotos sagen eigentlich alles. Und auch wenn der Aufstieg zu den Aussichtspunkten etwas beschwerlich war, lohnte er sich immer. Da wir wirklich früh unterwegs waren, waren wir auch bis auf eine Ausnahme stets allein auf den Plattformen. Es lohnt sich wirklich, hier zeitig aufzutauchen.

Anschließend ging’s nochmals zur Manta Ridge. Leider waren immer noch keine Mantas vor Ort. Wir schnorchelten relativ erfolglos herum.

Dann ging’s zur Batu Rufus Dive Side, zu Melissa’s Garden und schließlich nach Arborek, einer kleinen Insel, die von einem riesigen Funkmast dominiert wurde. Im übrigen: Definitiv ein Schwarm-Tag. Fischmäßig. Und zum Schwärmen. Jahrelang.

Weniger toll waren die Folgen des Tages. Nein, ich habe keine weitere Kamera versenkt, sondern mich selbst. Das stundenlange Schnorcheln ohne Sonnenschutz – und meine übliche Schwachsinnsvermutung, ich sei immun gegen Sonnenbrand – forderten ihren Tribut. Bereits auf dem Rückweg im Boot merkte ich, dass da etwas Ungutes mit meiner Rückseite passierte. Und ab da wurde es erst richtig schlimm.

Ich mach’s kurz: Die nächsten vier Tage verbrachte ich unter Schmerzen nachts flach auf dem Bauch in Seesternhaltung. Es gab Blasen. Riesige Blasen. Esni schaffte allerlei Crèmes herbei, die in der EU vermutlich keine Zulassung bekommen würden, die aber sensationell hilfreich waren. Meine Blasen platzten schließlich auf. Und kurz danach traute ich mich dann auch wieder ins Wasser. Alles andere hätte mich zu sehr deprimiert. Dazu aber ganz bald. Und ein paar Rezepte wird es dann auch geben. Versprochen.

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