Jungfernfahrt auf der MS Megatabs

Es gab kein „Blue Ribbon“ zu gewinnen, niemand landete auf dem Grund des Ozeans, es waren keine Reeder anwesend, aber es war alles in allem ein sehr würdiges Ereignis. Aber gehen wir die Geschehnisse des heutigen Tages chronologisch an. Nicht zu chronologisch, weil dann erst stundenlange Schilderungen meines grauenhaften Büroalltags kämen, aber immerhin chronologisch ab dem Feierabend.

Der am Samstag vormittag noch aufgetriebene Installateur erklärte sich freundlicherweise bereit, die Spüle und die Spülmaschine heute um 18 Uhr anzuschließen. Früher konnte niemand von uns im Haus sein. Er traf dann schließlich mit ungefähr fünf Minuten Verspätung ein, da auch er mal wieder dank Navi im XY-Weg gelandet war.

Er – nennen wir ihn mal leicht entfremdet Herrn Goldisch – war im Prinzip nett, bemüht und freundlich. Leider kaute er sein Kaugummi, als gehe es dabei um die Rettung des Planeten oder mindestens um die der Regenwälder. Ziemlich extrem. Und ziemlich zielstrebig.

Nebenbei sei erwähnt, dass es weniger Dinge gibt, die ich doofer finde als Kaugummi kauen. Bei Frauen finde ich es schlimmer als bei Männern. Frauen wirken dabei total geistig entleert, während Männer meist ihre herb-männlichen Kiefer irgendwie zwischen bestimmt und brutal gegeneinander bewegen. Das wirkt irgendwie martialisch und macht mir ein klein wenig Angst.

Herr Goldisch machte mir keine Angst. Entweder er kaute wie besssen oder er räusperte sich. Manchmal beides gleichzeitig. Das machte einen schon ein wenig wahnsinnig. Ansonsten wirkte er wie jemand, der weiß, was er tut. Zwischendurch musste er einen kurzen Blick in die Explosionszeichnung der Armatur werfen, aber das war es auch schon. Er schraubte und jonglierte mit Dichtungen und am Ende schwitzte er wie verrückt.

Am Ende nämlich mussten wir feststellen – und da waren wir durchaus einer Meinung -, dass das „so nicht ging“. Die Schublade mit dem Mülltrennungssystem passte erst wieder in den Unterschrank, als ich zwei der vier Müllbehälter entfernt hatte. Und an dieser Tatsache war er wirklich völlig unschuldig. Die Armatur mit Schlauch zum Herausziehen ließ sich definitiv nicht mit der Blanco-Spüle verbinden ohne die Schubladen-Funktion zu beeinträchtigen. Und der Ablauf war immer noch irgendwie im Weg. So kann das nicht wirklich bleiben.

Nach getaner Arbeit bestand er auf einem Funktionstest von Spüle und Spülmaschine, was mich etwas in Verlegenheit brachte. Ich musste schließlich eingestehen, bisher keinen sehr engen Kontakt zu Spülmaschinen gehabt zu haben. Was ich ihm verschwieg: Mein Kontakt zu Spülmaschinen war nicht nur nie sehr eng. Er war auch schwer gestört.

Beim Nizza-Urlaub vor knapp zwei Jahren verlief im Prinzip alles problemlos, aber der Frankreich-Urlaub vorher hatte sich spülmaschinentechnisch echt gewaschen. Nach einem langen und anstrengenden Tag in Savoien mit Bergankunft in La Toussuire, anschließenden Diskrepanzen mit Teilen der französischen Gendarmerie, freundlicher Duldung der Werbekarawane, unerträglicher Selberfahrer an der Strecke, dem Passieren des TdF-Pelotons (remember: Einbruch von Floyd Landis!) und halsbrecherischer Abfahrt hatte sich der Bauherr zwecks Betrachtung von Madame Rosa aufs Sofa zurückgezogen und war schließlich in Morpheus‘ Armen gelandet.
Währenddessen stand ich natürlich unermüdlich in der Küche und war mit der Beseitigung der Reste des Abendessens (Reisfleisch) beschäftigt.

Teller abspülen, Topf ausspülen, Spülmaschine bestücken, wischeln. Als die Spülmaschine zum ersten Mal abpumpte, erkannte ich, was ich getan hatte. Reisfleischreste und Unmengen von Wasser stiegen über den Syphon ins Spülbecken auf! Höher und immer höher! Als das Spülbecken mit widerlichen Brocken und dreckigem Abwasser zu zwei Dritteln gefüllt war, brach ich zuerst weinend zusammen und weckte dann in meiner Verzweiflung den Bauherrn, von dem ich Rettung in höchster Not erwartete.

Gut… Er war etwas ungehalten… Und mißmutig… Aber er rettete mich! Ich sah mich bereits weinend um Abbitte wimmernd vor der gestrengen, französischen Vermieterin der Gîte im Staub liegen, weil ich ihr Haus überschwemmt und praktisch vernichtet hatte. Es war einfach grauenvoll!

Statt mitzuweinen, schraubte der Bauherr den Syphon ab und „klärte“ (im wahrsten Sinne des Wortes) die prekäre Situation. Anschließend begab er sich brummelnd zurück aufs Sofa. Und ich? Ich war vor Dankbarkeit fast außer Atem. Immerhin hatte er mir das Leben gerettet – auch wenn ihn das fünf Minuten später nicht mehr wahnsinnig interessierte…

Jedenfalls  – und damit kommen wir zurück zur aktuellen Spülmaschine – hatte ich aus meinen Fehlern nicht gelernt und mich nicht im geringsten im Vorfeld mit der Gebrauchanleitung vertraut gemacht. Ein kurzes Überfliegen befähigte mich immerhin dazu, das Ding zu starten. Maschine zieht Wasser, Maschine pumpt ab – das war alles, was Herr Goldisch erleben wollte. Wir gratulierten uns gegenseitig zur tollen Leistung, ich beglich seine Rechnung in bar und gegen Quittung und er verließ das Haus.

Da mit der Maschine auch zwei Gratis-Geschenk-Megatabs von Somat dem Lieferumfang beilagen, reizte mich nun doch die Vorstellung von einem Probelauf. Sie reizte mich nicht nur, sie überwältigte mich regelrecht. Ohne die geringste Ahnung, wie das Ding funktiniert, warf ich sie nach wenigen Minuten an. Die kleine „160“ im Display störte mich bis dahin wenig. Um genau zu sein störte sie mich erst, als der Hausherr anrief und mich darauf hinwies, dass es sich dabei möglicherweise um die Restlaufzeit in Minuten handeln könne. Die „160“ war zu diesem Zeitpunkt einer „154“ gewiechen. Könnte passen…

Nach intensivem Studium des Maschinenbegleithefts fand ich schließlich ein Schnellprogramm („36 Minuten“), das ich tatsächlich schaffte, irgendwie zum Laufen zu bringen. Die Gläser und Tassen, mit denen ich mittlerweile testweise die Maschine beladen hatte, mussten ja irgendwie sauber werden.

Kurz: Um 22 Uhr war ich zu Hause. Hinter mir lagen eine lange Fotosession an der Spüle, ein Gespräch mit einem Nachbarn, der mich zwischendurch zu Tode erschreckt hatte, eine amüsierte Sichtung der Montagebeschreibung und eine sehr lange Wartezeit auf das Ende des Kurzprogramms.

Kurzfassung des Tages: Ahoi!

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