Gyoza, Stifado, Foglie d’Ulivo – Reisen in Corona-Zeiten

Und schon ist wieder Wochenende. Das verkommt hier langsam aber sicher zum Sonntagsblog. Ich verschiebe meine Hoffnung auf mehr Freizeit nun endgültig auf 2021. Sehen wir den Tatsachen ins Auge: In diesem Jahr wird das nix mehr. Genauso ein Fehlgriff war 2020 auch hinsichtlich des Urlaubs. Dafür war ich auf den Tellern wieder im Ausland unterwegs.

Diesmal gab es einen Ausflug nach Asien. Reiseleiterin war Haya Molcho. Nach ihrer Anleitung hatte ich das erste Kimchi meines Lebens angesetzt – allerdings mit Wirsing statt Chinakohl. Warum? Der Wirsing war da und musste weg. Trotz größerer Zweifel am Ergebnis – der Gatte drehte gar zwischenzeitlich die Lüftungsanlage auf Party-Modus! – machte das Kimchi nach gut einer Woche einen ausgesprochen erfreulichen Eindruck.

Montags – an meinem Vor-Ort-Bürotag – war bereits mittags klar, dass ich nicht früh genug nach Hause käme, um den Teig für die Gyoza selbst herzustellen. Für Interessierte: Hier das Rezept aus einem früheren Versuch. Also begab ich mich in der Mittagspause in einen nahegelegenen Asiashop und besorgte (u.a. – ich meine… wenn man schon mal da ist…) den Teig. Nebenbei: Er funktionierte so perfekt, dass ich geneigt bin, ihn nur noch zu kaufen. Oder zumindest einen Notvorrat im Gefrierschrank anzulegen.

Für die Füllung wurde das Kimchi karamellisiert – mit Muscovado, Knoblauch, Sesamöl und dunkler Sojasauce war es noch köstlicher. So köstlich, dass ich es am Dienstag komplett – immerhin drei Pfund! – karamellisierte und in Gläsern einkochte. Ich verbrachte den Abend damit, mir weitere Verwendungsmöglichkeiten dafür auszudenken. Und es gibt viele.

Zum Kimchi gesellte sich eine der Brüste eines glücklichen Waldhof-Hähnchens – fein gehackt. Am Ende aßen wir zwei Abende hintereinander Gyoza (beim zweitenmal mit Balsamico-Champignons) und endeten mit einer dritten Portion im Tiefkühler.

An dieser Stelle lief etwas nicht ganz so glatt. Ich musste irgendwas aus der Gefrierung nehmen, um die fertigen Gyoza einzeln einzufrieren. Das braucht Platz. So legte ich also abends einen Rinderbraten in die Spüle. Mit der festen Absicht, ihn etwa eine Stunde später wieder zurückzulegen. Zusammen mit einer Tüte gefrorener Gyoza. Morgens entdeckte ich, dass er noch in der Spüle lag. Verdammt! Eigentlich war er für einen „Anlass“ geplant gewesen. Irgendeinen halt. Was soll’s?! Feiern wir die Feste halt wie sie fallen.

Ich legte ihn kurzerhand ein. Rotwein hat schließlich noch keinem geschadet. Gestern wurde dann ein Stifado daraus. Das Rezept gab es schon einmal hier. Ich ließ die Stücke diesmal größer, nachdem ich in einem zypriotischen Kochbuch über ein abweichendes Rezept gestolpert war. Das Stifado-Duftbäumchen sorgte den kompletten Samstag lang für ein angenehmes Raumklima im ganzen Haus.

Für die Beilage wurde es dann etwas unkonventionell. Ich wechselte von Zypern nach Italien. Um genau zu sein nach Apulien. Die zwei Beutel Olivenblätter, die mich erreicht hatten, verlangten nach Experimenten. Und wer bin ich, dass ich mich einem Experiment verweigere?! Eben.

„Kann man mit Olivenblättern kochen?“ war die Frage. Ja, man kann. Nachdem ich unter der Woche allabendlich auf dem Sofa ein wahres Google-Feuerwerk abgefeuert hatte, waren mir einige gute Ideen gekommen. Es gibt Pasta, die Foglie d’Ulivo heißt. Eben in Apulien. Und wieso sollte man in diese Pasta, die nur wegen ihrer Form so heißt, eigentlich nicht mal echte Olivenblätter einarbeiten?!

Ich mahlte also eine kleine Menge von Blättern in meiner niedlichen Kaffeemühle. Zweimal. Das sollte passen. Der Gatte war skeptisch. „Die sind doch bitter, oder?“ war noch das Netteste, was er sagte. Ich ließ mich nicht beirren. Ich war schließlich auf einer Mission. Auf einer Olivenblattmission.

Das Formen der Foglie d’ulivo geht relativ simpel, wenn man mal den Kniff raus hat: Teig zu Rollen formen, in kleine Stücke schneiden, die Stückchen mit der Handfläche rollen, mit einem regulären Messer aus dem Besteckkasten die Olivenblattform erzeugen (durch „Abziehen“ über eine Holzplatte).

Ich war schließlich echt begeistert. Den Teig hatte ich aus Semolina rimacinata und Wasser hergestellt. Nach dem Rezept für die sardischen Malloreddus. Nur halt die gemahlenen Olivenblätter dazu. Ich mach’s kurz: Bitter war das nicht. Es schmeckte einfach nur „grün“. Also für meinen Geschmack. Und es passte ausgezeichnet zum Stifado.

Heute wird es die gleiche Pasta nochmals geben. Diesmal in einer vegetarischen Variante – dafür deutlich authentisch-italienischer. Und es kommt auch ein Gläschen meiner selbstgemachten halbgetrockneten Tomaten zum Einsatz. Das könnte richtig gut werden. Wird es hoffentlich auch noch…

Weiterhin verbrachte ich den Tag mit der Vorbereitung von Weihnachtsgeschenken für meine lieben Kolleg*innen. Am Freitag habe ich bereits einen Cranberry-Wodka angesetzt (Rezept gibt es, falls er schmeckt). Heute buk ich 21 kleine Honigkuchen. Ich brauchte die doppelte Menge dieses Rezepts. Dabei fiel mir auf, dass dieses Blog übermorgen Geburtstag hat. Es wird zwölf Jahre alt. Ich gratuliere natürlich nicht vorzeitig.

Am Ende wurden es 24 Stück. Der Gatte erhielt den Auftrag, die drei übrigen zu vernichten. Der Rest wanderte in Folie. Der Honigkuchen wird noch besser schmecken, wenn er ordentlich durchgezogen ist.

Das hatte schon einen Hauch von Weihnachtsbäckerei. Aber nur einen Hauch. Ich widmete mich zwar anschließend der Produktion von Plätzchen, aber das war mehr ein weiterer Olivenblättertest als ein Chocolate-Overload. Es gab ein Blech Käsegebäck mit Olivenblättern.

Und auch dieses Experiment glückte. In den Plätzchen landeten zu gleichen Teilen Parmesan und Pecorino. DER Pecorino von Joseph Spiteri aus der Kühltheke des Ta’Mena auf Gozo. Das ist dann allerdings etwas für echte Käsefetischisten. Für alle Skeptiker empfehle ich die bereits verbloggte Lightversion mit Cheddar:

Ich probierte eine runde und eine rechteckige Variante. Immerhin bin ich nicht eskaliert und habe die Plätzchen auch noch in Olivenblattform gebacken. Wooooobei… Ich könnte ja mal…

Die passen jedenfalls perfekt zum Wein. Ich weiß das, weil ich mich geopfert habe, um es zu testen. Mittags. Der Rest des Sonntags wird dann jetzt wohl eher entspannt verlaufen…

5 Kommentare

  1. Der reine Wahnsinn! Was du alles in solcher Perfektion herbringst. Ich bewundere dich und würde gerne in einer WG mit dir wohnen. Leider zu alt für sowas.
    Übrigens habe ich mit einer Mischung aus Freude und Entsetzen gesehen, dass Aldi jetzt Gyozas verkauft…

    1. Überredet! Wir bauen an 😀
      Oder wir ziehen alle in das zur Zeit im Bau befindliche Altenheim für Selbstversorger.
      Aldi?! Gyoza?! Himmel! Den Albrechts ist aber auch nix heilig 😀

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