Mehr Meer. Und Wein. Und Stechmücken.

Der nächste Tag verlief ganz nach meinem Geschmack: sehr entspannt. Abends ging es ins Magriž zum Essen. Und vorher drehten wir noch eine Runde durch den Hafen von Krk. Eigentlich suchten wir nach einer Möglichkeit, uns Titos legendäre Gefängnisinsel auf Goli Otok anzuschauen, es war allerdings einfach keine Überfahrt zu ergattern. Fürs erste gaben wir auf.

Im Magriž startete das Essen mit einer riesigen Käse-Pršut-Oliven-Platte. Wir kamen also in den Genuss des legendären luftgetrockneten Schinkens, dessen Name wie eine Verballhornung des italienischen Prosciutto klingt. Und wir wurden nicht enttäuscht. Ein Schinken, auf dessen Herstellung man sich wirklich etwas einbilden kann.

Im Anschluss testeten wir die hausgemachten Šurlice – der Gatte mit Lamm, ich mit Trüffeln und Käse. Einer von uns war begeistert, einer fand sein Fleisch eine Spur zu „rustikal“. Wir beschlossen das Essen mit Palačinke (Pfannkuchen / Palatschinke) und Torta od skute (eine Art Käsekuchen mit Boden unten und Streuseln oben) und deckten uns noch ein wenig im Hofladen ein. Allein der Käse ist unglaublich gut. Und dann halt der Schinken…

In der Nacht – wie auch in den beiden Nächten vorher – erwischten uns erneut die verfluchten Stechmücken. Sie sorgten allerdings sowohl räumlich als auch temporär für eine gleichmäßige Verteilung der Leiden. Über meinen Körper waren mittlerweile großflächig Stiche in allen Juckreizstadien verteilt. Die ersten begannen bereits abzuklingen, andere starteten gerade voll durch. Alle verteilten sich ziemlich ordentlich über meine gesamte Oberfläche. Immerhin hatte sich nichts entzündet oder war zu monströsem Ausmaß angeschwollen. Man wird ja demütig und ist mit der Zeit auch für Kleinigkeiten schon dankbar.

Der Folgetag war für eine Inselrundfahrt verplant. Der Gatte tauchte diesmal nicht ab. Wir fuhren also gleich morgens mit dem Auto nach Punat und nahmen den Kreuzweg zu den Tri Križi (Drei Kreuze) in Angriff. Es war sehr heiß, es war steil, es war nicht allzu lang – aber ein Kreuzweg muss schließlich auch ein bisschen weh tun. Dafür wurde man vom Endpunkt mit den drei Kreuzen aus mit einem tollen Blick über die Bucht belohnt. Und mit einer Schattenbank.

Von der Schattenbank aus ging es wieder bergab zum Auto. Wir fuhren weiter nach Stara Baška. Von dort aus war eine Küstenwanderung eingeplant. Eine kurze Küstenwanderung. Der Gatte würde wohl von einer sehr kurzen Küstenwanderung sprechen. Tat er dann auch.

Außer uns war praktisch niemand unterwegs. Zwischendurch begegneten uns lediglich drei mit aufgeblasenen Schwimmtieren und Luftmatratzen bepackte Damen in Flipflops, die versuchten, zum Strand von Uvala Petehova vorzudringen. Wir sahen sie nicht wieder. Vermutlich haben sie es also wider Erwarten geschafft. Möglicherweise liegen sie auch noch irgendwo am Weg auf einem aufblasbaren Donut und hadern mit ihrem Schicksal.

Der Weg – immer mit dem Meer im Blick – war ausgesprochen fotogen. Auf dem Rückweg lief man durch eine Wiese voller Currykraut mit Blick auf die Berge von Krk. Unterwegs zwischen den Steinen standen überall Salbei und Rosmarin.

Mal abgesehen davon, dass ich selten (oder gar nie?!) eine aufgeräumtere, ordentlichere und adrettere Insel gesehen habe, roch sie auch überall ausgesprochen gut.

Zurück in Stara Baška beschlossen wir, dass es Zeit für einen Happenzu essen und ein kaltes Getränk sei, und setzten wir uns vors Restaurant Mariana direkt über dem Hafen. Der Ausblick von der schattigen Terrasse aus war ganz wunderbar.

Ich nervte zum Spaß ein wenig meine Kolleginnen mit ein paar Hafen- und Meerfotos. Sie trugen es mit Fassung. Schließlich war Freitag Mittag. Da fiel es auch in Deutschland relativ leicht, generös zu sein. Der Gatte orderte einen Pulposalat, ich ein paar gegrillte Sardinen mit Blitva (eine hervorragende Mangoldbeilage, die an der kompletten Kvarner Bucht meist zu Fisch serviert wird und die ich definitiv auch noch nachkochen werde). Wir genossen das Essen, den Blick, den freien Tag und – hach! – das Leben im allgemeinen. Herrlich.

Anschließend ging’s weiter nach Vrbnik. Vrbnik ist DAS Zentrum des Weinanbaus auf Krk. Sieben Winzer gibt es – und alle produzieren vorwiegend Žlahtina, einen Weißwein aus einer autochtonen Rebsorte, die nur in dieser Gegend (und auf dem Festland irgendwo in der Nähe Crikvenica) angebaut wird. Den mussten wir natürlich unbedingt probieren. Und es wurde Liebe auf den ersten Schluck. Dem Žlahtina blieb ich den ganzen Urlaub über treu.

Wir saßen also kurz darauf auf der Terrasse des im Reiseführer empfohlenen Restaurant Nada mit eigener Vinothek unter einem Sonnenschirm direkt am Meer und probierten zwei verschiedene Weine und den Schaumwein. In der Realität sah das Probieren allerdings so aus, dass der Gatte jeweils kurz nippte, zustimmend nickte und ich dann die Gläser leeren „musste“, da er ja das Auto steuerte. Schlimm sowas… Menschenunwürdig….

Am Tisch neben uns – der deutlich mehr Sonne abbekam – hatten sich zwei junge deutsche Pärchen niedergelassen, die gleich nach ihrer Ankunft kund taten, dass es ihnen zu heiß sei und sie scharf auf unseren Tisch wären. Wohlgemerkt: Wir saßen direkt daneben. Und das blieb dann auch ihr Hauptthema – anfangs lachten wir noch darüber, irgendwann gaben wir genervt auf. Merke: In der Post-Trump-Aera braucht es keine alten, weißen Männer, damit Impertinenz und Obszönität siegen. Das können locker auch junge, weiße Männer. Eins der Mädels schien sich – soviel zu ihrer Ehrenrettung – wenigstens ansatzweise für seine Begleiter zu schämen, konnte sich aber nicht durchsetzen und schwieg dann.

Wir gingen noch in die Vinothek Nada und statteten uns mit einem schicken 6er Karton (je zwei Flaschen) aus, den der Gatte im Anschluss durch den kompletten Ort – inklusive Besichtigung der Kirche – bis zum Auto schleifte. Er „trug“ ihn es mit großer Fassung. Vom Inhalt würde er dann zu gegebener Zeit mehr abbekommen als von den Probiergläsern. Offensichtlich genügte das als Motivation.

Von Vrbnik aus ging die Fahrt dann nach Risika – und auf einer wahrhaft horrorhaften Single Track Road (Gebete, dass es keinen Gegenverkehr geben möge, inklusive) weiter nach Sveti Marak zur Ruine der 1790 aufgegebenen Kirche des Heiligen Markus. Nach dem Essen und dem Wein war ich nun doch etwas fertig. Der Gatte, der bereits zwei Tage vorher mit seinen Tauchfreunden dort gewesen war, freute sich offensichtlich sehr über die Begrüßung durch die außerordentlich junge und attraktive Parkplatzwärterin. Ich war selbst zu fertig, um mich darüber in gespielter Aufregung zu echauffieren. Und ich brauchte Wasser. Dringend.

Wir kehrten also kurz in einer Strandbar ein, rehydrierten uns halbwegs und gingen anschließend auf die angrenzende Halbinsel, um uns die Kirchenruine anzuschauen. Sie war äußerst hübsch, so direkt vor dem Meer. Da waren einige Fotos fällig.

Zurück zum Auto, wieder freundlich winkend vorbei an der attraktiven Parkplatzwärterin – und ab zurück auf die Horrorstraße! Atmen, Manuela, atmen! Wir überlebten es entgegen aller Gesetze der Schwerkraft und der Wahrscheinlichkeit und erreichten irgendwann wieder Krk Stadt und unsere Ferienwohnung. Abends aßen wir erneut auf dem Balkon Käse, Pršut, Oliven und Brot – und fühlten uns wie Könige.

Diese Stimmung sorgte dafür, dass wir beschlossen, das Stechmückenproblem ernsthaft anzugehen. Wir entschieden uns für die Fenster-geschlossen-lassen-Klimaanlage-anwerfen-Lösung, die wir bis dahin wegen einer fatalen Mischung aus Ökobilanzbedenken und Wir-sind-ja-keine-Weicheier! abgelehnt hatten. Und siehe da! Wir schliefen ungestochen bis zum Morgen. Keine nächtlichen Chemie- und Kortisonorgien waren nötig – und wenn man das alles gegen die Ökobilanz aufrechnete, kam man auch mit dem minimal schlechten Gewissen klar.

Der folgende Tag verging ausgesprochen ruhig. Zumindest für mich. Während der Gatte in der Nähe von Cres abtauchte, vergnügte ich mich auf dem Balkon mit Lesen, Fotobearbeitung und In-den-Feigenbaum-starren. Das war sehr entspannend. Bereits nach vier Tagen Krk war der Stress der vergangenen Monate fast völlig verschwunden. Oder zumindest so weit weg, dass man ihn in der Sonne mit einem Buch komplett vergessen konnte. Das reichte mir erstmal.

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