Strand, Land, Fluss… ääähhh… Meer!

Der Dienstag begann äußerst entspannend. Also für mich. Der Gatte verschwand nämlich in aller Frühe zu zwei Tauchgängen vor Korsika. Marc-Uwe und ich machten es uns auf der Terrasse gemütlich. Blöderweise war ich dann irgendwann mit ihm durch. Nochmals: unbedingt lesen!

 

Anschließend klopfte ich mir mehrfach selbst auf die Schulter und gratulierte mir zu der grandiosen Idee, das Laptop mitgenommen zu haben. So konnte ich die Fotos zeitnah vor Ort bearbeiten, zumal ich gleich am Morgen nach unserer Rückkehr wieder in die Projekthölle zurück müssen würde. Die Bilder der ersten beiden Tage waren flott gesichtet, sortiert und abgearbeitet.

Als der Gatte zurückkehrte, war ich dann auch mental bereit für eine Küstenwanderung. Wir fuhren zur Cala Pischina und wanderten von dort die Küste entlang über Rena di Matteu bis Rena Majore. Leider war es an diesem Tag etwas diesig, was zwar den Fotos nicht gut, unserer Begeisterung allerdings keinen Abbruch tat. Zierlauch am Strand! Wo gibt es das sonst noch?!

Dieser komplette Küstenabschnitt ist wirklich traumhaft schön. Strände, die momentan noch nicht überfüllt waren – es aber angeblich in vier Wochen sein sollten. Und ein gerstenhaltiges, isotonisches Ichnusa in der Paradise Beach Bar rehydrierte uns für den Rückweg. Wobei. Da hätten wir locker auch ein paar Tage sitzen bleiben können.

Zurück ging es durch einen schattigen Pinienwald und dann über einen Fahrweg.  Das Abendessen wurde auf unserer Terrasse eingenommen. Es gab noch Reste vom Vortag. Wir fühlten uns einem weiteren Agriturismo-Besuch noch nicht wirklich gewachsen.

Am nächsten Tag machte sich der Gatte wie gewohnt auf zum Hafen von Santa Teresa Gallura, wo er darauf wartete, aufs Boot gelassen zu werden. Als er nachfragte, teilte man ihm mit, es gäbe an diesem Tag keinen Tauchgang. Pech. Auch für mich. Hatte ich mich doch gerade wieder gemütlich eingerichtet, als er zurückkehrte.

Andererseits konnten wir damit Wort halten und einen zweiten Anlauf auf das Capo Testa unternehmen. Diesmal früher und in der Hoffnung, dass noch nicht alles überfüllt sein würde. Die Hoffnung trog. Aber egal! Wir waren jung und gesund und in der Lage, auch von einem etwas abgelegenen Parkplatz loszumarschieren. Einem etwas sehr abgelegenen Parkplatz…

Im Reiseführer stand, dass man das Capo Testa zu Fuß inklusive Badestopp und Gekraxel in etwa vier Stunden umrunden könne. Es stimmte. Wir sparten uns den Badestopp. Da uns aber meine totale Fotoeskalation unendlich Zeit kostete, waren wir am Ende wieder exakt im Zeitplan.

Bei strahlend blauem Himmel liefen wir die Strecke ab. Das ging auch deutlich müheloser als erwartet. Gut… Ein wenig Kletterei über die riesigen Felsen war dabei, aber das war gut machbar. In diesem vier Stunden erlebten wir eine absolut unwirklich-schöne Landschaft. Riesige Felsen, die mehr wie Skulpturen wirkten, das Meer immer im Hintergrund, eine Trink- und Kekspause am Strand des Valle di Luna inmitten all der Großartigkeit. Was für ein Tag! Lasset Bilder sprechen!

Der Reiseführer („Sardinien“ von Peter Höh, erschienen im Reise-Know-How-Verlag) meint dazu: „Ein Trampelpfad führt hier ins dichte Buschwerk hinein, und nach etwa 15 Minutendurch die vom Zirpen der Zikaden erfüllte Macchia erreicht man, vorbei an Relikten antiker Steinbrucharbeiten, das atemberaubend schöne Valle di Luna, einst legendäres Ziel aller Hippies, Mondsüchtigen und anderer spirituell durchstrahlter Wiedergänger.“

Da stimmt jedes Wort. Einige der Hippies schienen offensichtlich irgendwie hängengeblieben zu sein, und leben dort nach wie vor in den zahlreichen Höhlen. Nicht unbedingt der übelste Lebensentwurf, wie ich meine.

„Durchstrahlte Wiedergänger“ trafen wir nicht. Dafür offensichtlich verstrahlte Instagramer. Manchmal würde ich mir gerne wen schnappen und ihn mal kräftig schütteln. Vor uns erklomm ein überaus seltsames Paar die Steine und arbeitete sich ins danebengelegene Tal vor. Sie in Bikini und Flip-Flops, er mit Kamera, Piratenkopftuch und in voller Abenteurermontur. Es wurden ununterbrochen Fotos gemacht – kein einziges von der wunderschönen Umgebung, bei dem nicht einzelne ihrer Körperteile oder gleich die komplette Miss Bikini im Weg herumstand.

Vielleicht bin ich zu alt und / oder zu spießig, aber ich finde das gleichermaßen absurd wie abstoßend. Wie eine monströse Instagram-Kür werden da die einzelnen Klischees durchgeturnt. Verführerisches-Duckface vor Meer, Arsch-frisst-Bikinihöschen vor Felsen, nach hinten gereckte Hand für das obligatorische Folge-mir-ins-Paradies-Foto… Sehr erfolgreiche Influencer schienen sie (noch) nicht zu sein. Falls doch, hätten sie wahrscheinlich noch eine Uhr ins Bild gehalten.

Und natürlich standen sie permanent im Weg rum. Grrrrr…

Wir wanderten weiter zum Leuchtturm, der inmitten dieser bizarren Felslandschaft liegt. Von dort war es nur noch ein Katzensprung zum Kiosk am Wendehammer. Und zu zwei Ichnusa. Diesmal wirklich eiskalt und sehr erfrischend.

Die brauchten wir dann auch für den Rückweg zum Auto, der sich entweder in der prallen Sonne auf der auf beiden Seiten komplett zugeparkten Straße oder auf zugewachsenen Schleichwegen durch Dornengestrüpp abspielte. Erst auf dem Rückweg fiel mir übrigens auf, dass wir ziemlich weit „oben“ geparkt hatten, und deshalb also das letzte Stück an der Straße entlang bergauf mussten. Als das Auto irgendwann hinter einer Kurve auftauchte, wurden erstmal die letzten Wasservorräte einer Druckbefüllung zugeführt. Puh. Ganz schön heiß auf Sardinien…

Nach unserer Rückkehr beschlossen wir in der Unterkunft, ein weiteres Agriturismo-Abenteuer zu wagen. Auf unserer Liste stand noch das „Lu Stabbiacciu“, in dem der Gatte per Mail einen Tisch reservierte, weil das telefonisch nur auf Italienisch ging. Schriftlich konnte man dann etwas mit Hilfe des Google-Übersetzers zusammenbasteln, das einen nicht wie einen kompletten Idioten dastehen ließ.

Als wir um 19:30 Uhr anrückten, waren wir die ersten Gäste. Und in unserem Brotkörbchen befand sich zu meinem Entzücken eine ganze Menge Pan Carasau, das ich unbedingt probieren – und vielleicht zu Hause nachbasteln – wollte. Mit den Vorspeisen zusammen war das überaus köstlich. Abermals eine Platte mit Schinken und Salami, dazu Käse und fünf verschiedene Häppchen, von denen eins besser als das andere schmeckte. Auf dem Tisch landeten kaltes Wasser und kalter Wein. So ließ sich das schon mal aushalten nach der Hitze des Tages.

Da der Gatte ja noch fahren musste, stand mir die extrem fordernde Aufgabe bevor, mich um den größten Teil des Weins zu kümmern. Beherzt legte ich los. Nach den Primi gab es eine Zuppa Gallurese (noch besser, aber auch deutlich kalorienreicher als die im „Agriturismo Gallura di Pieruccio“ – keine Tomate, mehr Käse) gefolgt von den obligatorischen Ravioli mit Ricottafüllung und Tomatensauce.

Ja… Da wäre man jetzt eigentlich wieder satt gewesen, aber es nahte das Fleisch: ein Spanferkel. Mit Kartoffeln. Und es war absolut sensationell. Saftiges Fleisch, unglaublich knusprige Kruste. Mmmmhhh! Da konnte man schon noch einen Wein dazu trinken.

Wir schafften es und waren der Meinung, dass jetzt nur noch der Espresso und ein Schnaps kommen könnten – weit gefehlt! Dessert-Alarm! Verführerisch aussehende, riesige Seadas – mit Ricotta gefüllte und mit Honig beträufelte Teigtaschen – landeten vor uns auf dem Tisch. Der Espresso im Anschluss war mehr Erste Hilfe als tatsächlich ein Espresso.

Der Gatte lehnte den Schnaps ab, da er ja noch fahren musste. Ich fürchte, dies hatte zur Folge, dass sich in meinem Glas (ein mittleres Wasserglas!) locker ein doppelter Grappa befand. Also mindestens ein doppelter. Ich trank ihn etappenweise. Er tat gut, sorgte aber auch dafür, dass ich nicht mehr in der Lage war, mich noch um den Rest des Weins zu kümmern. Und auch sonst um nichts mehr.

Diesmal mussten wir zwar keine eingepackten Reste „nach Hause“ schleppen, aber wir beschlossen bereits auf dem Heimweg, dass wir am kommenden Tag nur „eine Kleinigkeit“ auf der eigenen Terrasse zu uns nehmen würden. Und für den Folgetag vielleicht irgendetwas „Leichtes“ – ebenfalls selbst zubereitet. Da hat man wenigstens die Kontrolle über die Portionsgrößen.

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