
Es war geplant wie jedes Jahr im Oktober: eine kleine Auszeit auf Gozo, ein kurzes Durchatmen im Herbst, ein wenig Sonne, wenn es beginnt düster zu werden. Leider ist Planung nicht alles. Jedenfalls diesmal nicht. Es folgt die Geschichte eines Nicht-Urlaubs.
Dabei lief anfangs alles wie geschmiert. Wir hatten uns diesmal bereits Donnerstag abends einen Flug gebucht. Das war günstiger und wegen reichlich Überstunden auch machbar. Ich startete praktisch direkt vom Schreibtisch zum Fraport durch. Bis mittags hatte ich noch gearbeitet.
In der Lounge ergibt plötzlich alles einen Gin
Dank eines kurzfristigen Upgrades für den Hinflug lief im Flughafen alles außerordentlich smooth: keine Schlangen, keine Probleme – und dann noch entspannt der traditionelle Gin Tonic vor dem Abflug.



Der sehr leckere Snack im Flieger: gebeiztes Thunfischfilet, Buchweizensalat, Erbsen-Guacamole, Salzzitronen-Vinaigrette. Und auch nach unserer Landung „fluppte“ alles. Ich bewachte die Koffer vor dem Flughafen in Luqa, der Gatte organisierte unseren Leihwagen. Und auf ging es zur Fähre. Als wir in Ċirkewwa am Fährterminal eintrafen, wartete die Ta Pinu – unsere Lieblingsfähre – bereits auf uns. Um 1:30 Uhr standen wir vor „unserem“ Haus in Għasri. Viel besser kann es nicht laufen.
Tauchgang, Einhorn & die San Blas Bay
Wie immer brach der Gatte zeitig zu seinem ersten Tauchgang auf. Wir tranken noch einen Kaffee, den uns unser Vermieter zusammen mit Wasser, Brot, Butter und Schinken in der Küche deponiert hatte. Danke, Daniel! Und während der Gatte sich mit den Fischen vergnügte, saß ich in der Sonne und blies das Einhorn auf. Erneut ohne Pumpe. Es dauerte ein wenig.
Als der Gatte mittags zurückkehrte, taten wir, was wir immer am ersten Tag tun: einkaufen, Brot und allerlei Mandelgebäck bei Grech’s Bakery holen, zur San Blas Bay wandern. Wir nahmen wieder den Weg durch die Gärten statt der Jeep-Piste. Herrlich, der Weg und der Blick in die Bucht.
Es folgte der erste Tiefschlag: Steves Kiosk war geschlossen. Verdammt! Wir hatten uns so auf unser erstes Cisk und unseren ersten Wein gefreut. Durstig schleppten wir uns wieder bergauf zurück zum Auto. Abends erkundigte sich der Gatte, ob Steve bereits geschlossen habe für dieses Jahr. Er antwortete, er sei morgen wieder da. Es hatte in Nadur eine Straßensperrung gegeben. Nun gut. Dann würde es halt am nächsten Tag eine Wiederholung geben. „See you tomorrow“, schrieb der Gatte. Er sollte sich täuschen.
Für den Abend hatten wir bereits von Deutschland aus einen Tisch im Il-Kunvent in Għarb reserviert. Diesmal saßen wir auf der herrlichen Terrasse und genossen das Essen wieder sehr: Scallops und Sea Bream Ceviche als Starters, Loval Ravioli tal-Gbejniet und Skate Wing als Main Courses.
Wir waren satt und glücklich. Ein perfekter erster Abend.
Von da an ging’s bergab…
In der Nacht begann ich zu husten. Es steigerte sich so weit, dass ich aufs Sofa umzog. Als der Gatte morgens zum Tauchen aufbrechen wollte, fand er ein Wrack vor. Und es wurde nicht besser. Ich bekam Fieber, schwitzte und hustete gleichzeitig oder abwechselnd – und lag tagelang praktisch im Delirium.
Überflüssig zu erwähnen, dass ich zusätzlich mit zahllosen Insektenstichen übersät war. In der Sonne bekam ich Kopfschmerzen. So dümpelte mein Einhorn eine Woche lang einsam im Pool herum. Der Gatte hatte wenigstens noch seine Tauchgänge, und er besorgte Medikamente in der Apotheke und Pizza bei Francesco’s Special Pizza in Żebbuġ. Sonst hätte ich mich vermutlich zu Tode gekratzt und wir wären beide verhungert. Mein einziger Luxus war ab und an ein eiskaltes Kinnie im Schatten neben dem Pool.
An Wanderungen war nicht zu denken. Ich war schon völlig erschöpft, wenn ich die Treppe zum Schlafzimmer geschafft hatte. Der Gatte beschäftigte sich also nachmittags allein mit einem Läufchen Richtung Leuchtturm oder einer Küstenwanderung.
Wer mehr von Gozo sehen will als ich in diesem Jahr, dem seien die zahlreichen Blogposts seit 2015 empfohlen. Sie sind hier zu finden:
Gozo 2015: „Einmal Gozo und zurück“ l „Ich mach‘ mal einfach weiter“ l „By the Sea“ l „Der Rest vom Gozo-Fest“
Gozo 2016: „Please, don’t take my sunshine away“ l „Der Vater. Es war der Vater.“ l „Treppenwitz & Müllabfuhr“ l „Oliiiiviaaaaaaaaa!!!!“
Gozo 2017: „Let the Sunshine in“ l „Weiter mit der Sonne“ l „The Big Emptiness formerly known as Azure Window“ l „Saatgutprobleme, eine Küstenwanderung & ein perfektes Abendessen“ l „Kontrastprogramm“
Gozo 2018: „Iż-Żurück aus Iż-Żebbuġ“ l „Wenn’s mal wieder länger dauert…“ l „Popeye outside Anchor Bay“ l „Lasset die Moskitolein zu mir kommen“ l „Salz, Öl & ein Kantersieg“
Gozo 2019: „What difference a narrow channel makes…“ l The world according to Għarb l Vestigia Dei
Gozo 2020: Xemx u Xita l Il-Kuluri ta‘ Għawdex l Is-Sbuħija, Stechmücken & „Pay the Ferryman“…
Gozo 2021: Eat Pray Love – The Gozitan Way l Sonne auf Sandstein. Und Meer. l Ħobż Malti bil-Ħmira l Blauer Himmel, ein roter Turm und „Saħħa!“
Gozo 2022: Għasri fil-Ħarifa – Għasri im Herbst l Steinpilze, ein Einhorn & die Ċittadella l Ahoj! Und „sas-sena d-dieħla“!
Gozo 2024: Bonġu, Għawdex! Wir sind zurück! l In Marsalforn, um Marsalforn, und um Marsalforn herum l Nach uns die Sintflut…
Was ich nicht gesehen habe
Er machte dann Fotos. Und einmal sogar von einer Stelle auf Gozo, an der wir noch nicht gewesen waren. Also wir waren praktisch da, aber es fehlten die entscheidenden Meter zu den Handyfotos, die er mir schickte. Und er besuchte das Wied il-Għasri ohne mich.
Und da es im September bereits kräftig geregnet hatte, war Gozo noch nie so grün gewesen wie in diesem Jahr. Was halt auf einer kleinen, felsigen Insel so als „grün“ durchgeht.
In den letzten Tagen reichte es immerhin noch zum absoluten Pflichtprogramm, aber man musste mich praktisch mit dem Auto direkt vorfahren: ein Einkauf bei Ta’Mena, ein Besuch bei Bookworm, ein Blick auf Ta Pinu, drei weitere Abendessen – eins im Il-Kunvent, zwei im The View in Żebbuġ. Mehr war nicht drin.
Wenigstens das: zwei Restaurantempfehlungen für Gozo
Vom Il-Kunvent berichtete ich ja bereits weiter oben. Es liegt im wunderschönen Għarb, einem sehr hübschen und wenig verbauten Dorf im Westen von Gozo. Immer im Herbst findet seit acht Jahren dort das Kite & Wind Festival statt. Dazu kommen wir aber später noch.
Wir besuchten das Restaurant diesmal am ersten und am vorletzten Abend. Im vergangenen Jahr waren wir auch bereits zweimal zu Gast gewesen. Und bei allen diesen vier Gelegenheiten waren wir von der Atmosphäre und vom Essen gleichermaßen begeistert.
Das Essen ist regional, aber mit kreativem Touch. Wir hatten bislang nicht einen Teller, der uns nicht gefallen hat. Die Karte steht auf der oben verlinkten Website. Dazu gibt es stets eine Reihe von Tagesgerichten. Die Weinkarte ist umfangreich und auch der Hauswein (weiß von Gozo) ist sehr gut trinkbar.
Der Service ist aufmerksam und auch bei Hochbetrieb noch freundlich. Die besten Plätze hatten wir diesmal auf der Außenterrasse hinter dem Haus. Es gibt auch Plätze vor dem Haus und ein paar im kleinen Gastraum im Haus. Auch dort sitzt man ausgezeichnet.
Zweimal waren wir in Żebbuġ zum Essen. Wir besuchten das The View zum erstenmal. Und reservierten gleich für den letzten Abend nochmals einen Tisch. Ohne Reservierung dürfte übrigens in beiden Restaurants nicht viel gehen.
Im The View saßen wir beim erstenmal auf der Terrasse mit Sonnenuntergangsblick auf Meer und Leuchtturm von Għasri. Das Restaurant ist von außen sehr unscheinbar und liegt direkt an der Hauptstraße in der Nähe der Kirche.
Die Teller des ersten Abends: Vorab hausgebackene Brötchen mit Bigilla und Butter, Arancini (Rice, Trio of Mushrooms, Grana Padano, Truffle Mascarpone), Tuna Tartare (Local Tuna, Ginger, Chilies, Lime, Spring Onions, Honey, Soy Sauce, Mint), Local Ravioli (Sheep Cheese Ravioli, Tomato Sauce, Garlic, Parsley) und Lampuki (traditional with Caper Sauce and Kapunata). Alles ein Traum!
Am zweiten Abend saßen wir wegen des Wetters im Innenraum unter einem Wandgemälde des Fanal Ta‘ Ġurdan. Auf die Teller gab’s diesmal: Maltese Sausage (Mashed Potatoes, Onion Chutney), Mussels & Clams (Vongole, Mussels, Garlic, Mint, Chilies, Lime, White Wine), Chicken Sauté (Pan-fried Chicken Thighs, Sundried Tomatoes, Spinach, Thyme, Grana Padano, Cream) und Calamari (Pan-fried Calamari, White Wine, Garlic, Basil, Cherry Tomatoes, Lemon). Und weil es unser letzter Abend war, gönnten wir uns auch noch ein Dessert: Sticky Toffee Pudding (Spiced Date Sponge Cake, Toffee Sauce, Cinnamon Ice Cream) und Imqaret (Deep Fried Pastry, Spiced Dates & Citrus Filling, Maltese Gelato, Crumbled Biscuits).
Und auch dieser zweite Besuch überzeugte. Das Essen war köstlich, der Service ein absoluter Traum. Und wie steht auf der Website des View so schön? Genau: „We sincerely believe that your experience at THE VIEW will be an extraordinary one. As we would say in Maltese, „Narak Daqt!“ (I’ll see you soon!).“ Da unterschreiben wir jedes Wort.
Was sonst noch zu sagen wäre
Wie bereits erwähnt: Ich habe nicht sehr viel gesehen vom Urlaub. Mein Aktionsradius beschränkte sich praktisch auf Għasri, Għarb und Żebbuġ. Von Autofahrten mal abgesehen.
Ich sah die Ċittadella nur im Vorbeifahren bei Nacht. Ta Pinu auch. Aber von Ta Pinu machte ich wenigstens noch ein paar Fotos mit dem Meer im Hintergrund von der anderen Seite, die ich bisher noch nicht fotografiert hatte. Der Gatte fuhr mich im Auto hin.
Die Straße von Victoria nach Marsalforn war in eine Richtung wegen Bauarbeiten gesperrt. Wir schafften den Ta’Mena-Einkauf trotzdem. Von weitem sah ich Tas-Salvatur. Und was wir am Morgen unserer Abreise – dem ersten Tag, an dem es mir etwas besser zu gehen schien – noch mitnahmen, war das Kite & Wind Festival. Wie im letzten Jahr war der Himmel nicht perfekt blau, wie ich mir das gewünscht hatte, aber immerhin kam zwischendurch mal die Sonne raus.
Ein Déjà-vu in Kirkop
Vom Festival ging’s zur Fähre. Und es war wieder die Ta Pinu, die uns nach Malta übersetzte. Das Wetter ließ weiter nach. Es begann zu regnen, als wir in Kirkop eintrafen, wo wir die letzte Urlaubsnacht verbringen würden. Kirkop liegt direkt am Flughafen, das Hotel hatte uns beim letztenmal schon überzeugt und wir freuten uns auf eine perfekte Pizza in der Pizza Box.






Wir wurden nicht enttäuscht – und alles war fast exakt wie beim letzten Mal: Es regnete, die Pizza war genial, wir standen mitten in der Nacht auf. Am Luqa Airport gönnten wir uns noch einen Besuch in der Lavalette Lounge, die am frühen Morgen noch etwas verlassen wirkte.
Nach einem Landeanflug über Mainz mit Blick auf meinen Arbeitsplatz trafen wir sonntags mittags zu Hause ein. Ich fiel aufs Sofa und merkte, wie zerstört ich immer noch war. Die vergangene Woche habe dann ich im Homeoffice verbracht. Sicher ist sicher. Man will ja nicht noch die ganze Abteilung mit in den Tod reißen. Seit gestern – nach insgesamt zwei Wochen – fühle ich mich wieder einigermaßen menschlich. Leider zu spät für den Urlaub…
Aber auch wir sagen: „Narak Daqt, Għawdex!“ Im kommenden Jahr sind wir vermutlich wieder da. Und dann hoffentlich auch in Urlaubsverfassung.























































































